Projekt "Tiefenschärfe": "Bodensee-Stonehenge" in der Schweiz entdeckt?
Die Neuvermessung des Bodensees im Rahmen des Projekts “Tiefenschärfe” brachte bereits überraschende Ergebnisse zutage: So wurde erst vergangene Woche bekannt, dass der Bodensee an seiner tiefsten Stelle mit 251,14 Metern um etwa zweieinhalb Meter flacher ist als bisher angenommen. Auch ein Schiffswrack wurde am Grunde des Sees entdeckt, es dürfte sich dabei um den 1933 versenkten Raddampfer “Helvetia” handeln. Nun stehen die Forscher vor der nächsten erstaunlichen Entdeckung: Zwischen Romanshorn und Güttingen sind mehrere Dutzend Hügel am Seegrund zu finden. “Wir stehen vor einem Rätsel”, so Martin Wessels, Geologe vom Institut für Seenforschung in Langenargen, gegenüber der Thurgauer Zeitung.
Anordnung in regelmäßigen Abständen
Die unterschiedlich großen Hügel liegen in der Flachwasserzone, 100 bis 200 Meter vom Thurgauer Ufer entfernt. Laut Wessels zeige die Anordnung in regelmäßigen Abständen, dass die Strukturen nicht natürlich, sondern künstlich entstanden seien. Die Hügel seien meist rund und ein bis zwei Meter hoch und hätten einen Durchmesser von bis zu 20 Metern. Doch wer könnte diese Erhebungen angelegt haben? “Wir wissen es nicht”, so Geologe Wessel. Nun sollen Taucher nach unten geschickt werden, um Bodenproben zu entnehmen und damit das Rätsel hoffentlich zu lösen.
“Unterwasser-Stonehenge” oder Verteidigungsanlage aus Zweitem Weltkrieg?
Gesendet werden die Taucher vom Thurgauer Kantonsarchäologen Hansjörg Brem. Er selbst glaubt nicht, dass hier ein “Unterwasser-Stonehenge” von Menschen geschaffen wurde. Auch die Spekulationen um ein eine geheime Verteidigungsanlage aus dem Zweiten Weltkrieg klingen für ihn nicht pausibel – Brem selbst vermutet, dass die seltsame Hügellandschaft von Gletschern verursacht wurde. Klarheit gebe es erst, wenn im Winter Taucher nach unten geschickt werden. um Fotos zu machen und Proben zu entnehmen.
Möglich wurde die genaue Messung mittels modernster Technik. Die Kosten beliefen sich auf 612.000 Euro. Forscher aus Österreich, Deutschland und der Schweiz haben das Becken des drittgrößten mitteleuropäischen Sees seit April 2013 mit Fächerecholot und Laserscanner von Schiff und Flugzeug aus lückenlos vermessen und die gewonnenen Daten ausgewertet. 5.500 Kilometer fuhr das 75 Tonnen schwere Boot dafür kreuz und quer über den See.
Hügel, Flussläufe und Hangrutsche im See
Das Ergebnis des Projekts: Der Boden des Sees hat einen unerwarteten Formenreichtum: Die Kartierung habe unter anderem Hügel, Flussläufe und Hangrutsche gezeigt, deren Analyse etwa Hinweise auf jahrtausendealte seismische Aktivitäten liefern könnten. In einem 3D-Modell seien sämtliche Phänomene nun realitätsgetreu abgebildet. (Red., APA)