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Prototype.Schumacher erstmals in Wien: Sigrid Schumacher im Interview

Prototype.Schumacher auf der Vienna Fashion Week.
Prototype.Schumacher auf der Vienna Fashion Week. ©Thomas Lerch
Auf der diesjährigen Fashion Week feierte das Label Prototype.Schumacher seine Premiere in Wien. Dabei ist Designerin Sigrid Schumacher bereits seit Jahr im Business verankert und auf Laufstegen weltweit etabliert. VIENNA.AT verriet sie, warum Wien New York ähnelt, welche Ansicht sie zu "Magermodels" hat sowie konkrete Tipps für Jungdesigner, die es in der Fashion-Welt schaffen wollen.

Wie würdest du selbst deinen Stil beschreiben?      

Sehr lebensfroh! Meine Kleider werden von Frauen getragen, die selbstbewusst sind, die zu ihrem „Frau-Sein“ stehen, die genussfreudig sind, Farben und schöne Formen lieben, die sich gerne schmücken. Diese Kollektion war für mich aber auch außergewöhnlich dekorativ – siehe die Orchideen-Motive. Für mich ist die Orchidee die „Königin der Blumen“: sie ist wunderschön, hat einen betörenden Duft – im Grunde wie eine rasante Frau. Ich will nicht sagen auch zickig manchmal … aber auch ein bisschen elitär.

Warst du heuer zum ersten Mal auf der Vienna Fashion Week vertreten?

Ja, ich war heuer zum ersten Mal dabei, ich habe in den Saisons davor immer auf der Berlin Fashion Week gezeigt – und dachte mir „Mensch, jetzt will ich endlich auch mal nach Wien kommen.“

“Vienna Fashion Week ähnlich zu New York”

Im Vergleich zur Fashion Week in Berlin oder in anderen großen Städten – was kann die Ausgabe in Wien von ihren größeren Schwestern lernen?

Ich finde die Fashion Week in Wien hochinteressant, weil es hier viele talentierte junge Designer gibt. Und man merkt, dass die Modewoche von Menschen gemacht wird, die viel Herzblut hineinstecken. Die Mitarbeiter habe ich als sehr kompetent und freundlich kennengerlernt. Sicher gibt es organisatorische Punkte, die man optimieren könnte, aber das sind Kleinigkeiten. Man merkt, dass hier mit Freude gearbeitet wird – das habe ich sehr positiv empfunden. Wenn ich also Wien mit anderen Fashion Week-Städten vergleiche, würde ich sagen, dass Wien New York ähnelt. Bei meiner ersten Show in New York war es ganz ähnlich wie hier – die Leute waren begeistert, das Publikum war begeistert. In Berlin etwa finde ich es manchmal störend, dass da oft so eine „Pseudo-Coolness“ herrscht. Da traut sich keiner, sich einfach mal nur zu freuen. Und das finde ich hier in Wien sehr schön!

Wie mager dürfen Models bei deinen Shows sein?

Gar nicht. Meine Kleider sind sehr figurbetont, da muss eine gewisse Form da sein, sonst würden sie nur schlapp runterhängen. Ich zeige zwar auch keine Übergrößen, aber ich suche stets nach gesund aussehenden Models, mit einem gesunden Verhältnis zu ihrem Körper. Die meisten europäischen Mädels haben einfach etwas rundere Hüften – und das finde ich auch sehr schön. Ich bin sehr zufrieden gewesen mit den Models bei der Show – mir ist allerdings hier in Wien aufgefallen, dass einige Mädels extrem schmal sind. Das sieht in Berlin doch anders aus, da ist schon das eine oder andere Pfund mehr drauf.

Das heißt welchen Typ Model bevorzugst du als Designerin?

Ich suche meist feminine Typen, und mische bei den Models auch gerne – da ist eine Sportliche dabei, dann eine richtig Rasante, und eine Exotischere,… weil sich meine Kollektion ja auch an ganz unterschiedliche Frauen richtet, nicht an einen bestimmten Typ. Ich suche gerne die Vielfalt – und Vielfältigkeit ist ja auch ein Markenzeichen von Wien. Zwar nicht ganz so mulitkulti wie ich es aus Deutschland kenne, aber in Wien habe ich nur Leute mit Migrationshintergrund kennengelernt, die wirklich perfekt und positiv integriert waren. Seien es jetzt Mitarbeiter der Fashion Week gewesen oder Leute woanders. Das ist in Deutschland nicht immer so vorbildlich – da muss ich euch Österreichern ein Kompliment machen!

Wieso habe ich keine Männer bei dir am Laufsteg gesehen?

Weil ich nur ein kleines Segment an Männermode mache: Badehosen und T-Shirts. Das wäre nicht wirklich laufstegwürdig gewesen. Ich habe kurz mit dem Gedanken gespielt, bei der Show einen Mann mitlaufen zu lassen. Aber von der Fashion Week wurden nur zehn Models gestellt, und eines hab ich aus London einfliegen lassen. Wenn unter den zehn also noch ein Mann gewesen wäre, hätte ich nicht genügend Raum gehabt, um die Kollektion zu zeigen. Da musste ich Prioritäten setzen – und mein Schwerpunkt ist nun mal Damenmode.

Du bist schon lange im Business unterwegs – was ist dein Tipp für junge Designer, die es auch mal auf diesen Laufsteg schaffen wollen?

Dass man Mode wirklich ernst nehmen muss. Es ist nicht der schillernde Beruf, wie viele Leute vielleicht denken. Der Glamour-Faktor, also das Sahnehäubchen mit Fashion Weeks, Foto-Shootings, Fernsehbeiträgen und so weiter sind vielleicht ein Prozent, die restlichen 99 Prozent sind harte Arbeit und Konzentration. Jungen Designern empfehle ich, sich nicht ablenken zu lassen von dem ganzen „Schischi“ – also Hände weg von Party, Party, Party, denn das ist nicht der Inhalt dieses Berufes, was von vielen jungen Leuten leider missverstanden wird. Ich habe im Lauf meines Lebens viele berühmte Designer kennengelernt – und was denen allen gemeinsam war, egal ob Karl Lagerfeld oder wer auch immer: Dass die richtig guten Leute, auch die richtigen Topmodels, immer konzentriert und entspannt sind. Die Zicken-Models sind die aus der dritten Liga – die echten Profis bleiben stets höflich und freundlich. Die Zicken glauben, dass sie mit ihrer Art auffallen und wieder gebucht werden, aber das Gegenteil ist der Fall. Ich buche die dann nie wieder, denn es sollen freundliche und entspannte Verhältnisse auch hinter den Kulissen herrschen.

Den Jungdesignern, die frisch von der Kunsthochschule kommen, empfehle ich, nach Möglichkeit für drei, vier Jahre eine Festanstellung als Designer in einer Firma zu suchen. Zum einen, weil man da einen guten Überblick über die Struktur einer ganzen Firme bekommt – Einkauf, Verkauf, Produktion, Buchhaltung, Werbung, … zum anderen wird ihnen auch von den Verkaufsabteilungen kommuniziert, wenn mal ein Entwurf nicht gelungen ist. Dadurch lernt man wieder viel von den Kollegen.

“Diplom allein macht keinen Designer”

Wenn man das Studium nämlich abgeschlossen hat, ist man noch lange kein fertiger Designer. Mit der Erfahrung aus der Berufstätigkeit kann man sich langsam mal Designer nennen. Und wenn man dann sattelfest geworden ist und gelernt hat, Kontakte aufzubauen, dann kann man daran denken, sich selbstständig zu machen – und da würde ich jedem Jungdesigner empfehlen, niemals im Leben Bankkredite aufzunehmen, sondern in den Jahren davor fest zu sparen – und dann vorsichtig sein. Aufpassen, dass sie Firma nicht zu groß wird, dass man sich nicht zu viel Verantwortung zumutet. Lieber langsam wachsen. Niemals sollte man Finanzinvestoren hineinlassen! Denn das hat schon Jil Sander oder Wolfgang Joop schon die komplette Existenz gekostet. Lieber das Grundkapital durch harte Arbeit und vielleicht mit ein wenig Unterstützung der Eltern selbst erarbeiten. Ich bin jetzt 21 Jahre dabei – und mich gibt es immer noch. Andere, die wie die Kometen hochgeschossen sind, sind längst wieder verglüht.

Mehr zum Label Prototype.Schumacher.

Red/(ABE)

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