AA

Querschnittgelähmter kann rechte Hand per Chip steuern

Software decodiert Hirnsignale.
Software decodiert Hirnsignale. ©AP
Ein querschnittgelähmter Mann kann seine rechte Hand allein durch seine Gedanken auf vielfältige Weise bewegen. Ein Chip in seinem Hirn setzt Muster von Hirnaktivitäten in Handbewegungen um. So kann der Mann über Hirnsignale eine Manschette steuern, die bestimmte Muskeln in seinem Unterarm elektrisch stimulieren. US-Forscher präsentieren ihre Entwicklung im Fachjournal "Nature".
Gelähmter kann Hand bewegen

Dem damals 24 Jahre alten querschnittgelähmten Ian Burkhart aus Dublin (US-Staat Ohio) wurde 2014 ein erbsengroßer Computerchip in jenes Hirnareal eingesetzt, das Bewegungen steuert. Wenn er sich eine Bewegung vorstellt, etwa “die Hand öffnen”, dann erzeugt sein Gehirn ein charakteristisches Muster dieser Aktivität. Die Forscher entwickelten eine lernfähige Software, die solche Muster decodieren kann. Das Computerprogramm übersetzt den Gedanken in Echtzeit in Impulse für die Unterarmmanschette, die gezielt Muskelpartien elektrisch stimuliert. Daraufhin führt die Hand die vorgestellte Bewegung aus. Burkhart ist es – mit viel Training – inzwischen gelungen, aus einer Karaffe einzuschenken, eine Kreditkarte zu handhaben und sogar ein Gitarren-Videospiel zu spielen.

Breite Anwendung noch in Ferne

Eine breite Anwendung der Technik erscheint jedoch noch in weiter Ferne. Burkhart war der erste eigens ausgewählte Querschnittgelähmte. Die Forscher haben nun einen zweiten Teilnehmer ausgesucht, der im Sommer in die Studie zu dieser Technik aufgenommen werden soll.

“In den vergangenen zehn Jahren haben wir gelernt, die Hirnsignale von vollständig gelähmten Patienten zu entziffern”, sagte Chad Bouton laut einer Pressemitteilung des Battelle Memorial Institute und der Ohio State University (beide in Columbus). Bouton leitete das Battelle-Team und arbeitet heute am Feinstein Institute for Medical Research in New York. “Nun werden diese Gedanken zum ersten Mal in Bewegung verwandelt.”

“Habe immer Hoffnung gehabt”

Er habe immer Hoffnung gehabt, sagt Burkhart, der seit einem Unfall vom Hals abwärts gelähmt ist. “Aber nun weiß ich aus erster Hand, dass es Fortschritte in Wissenschaft und Technik gibt, die mein Leben besser machen werden.” Noch sind die einzelnen Teile des Systems per Kabel miteinander verbunden. Doch der Neurochirurg Ali Rezai von der Ohio State University denkt schon weiter: “Wir hoffen, dass sich diese Technologie zu einem drahtlosen System entwickeln wird, das Hirnsignale und Gedanken mit der Außenwelt verbindet.”

Weitere Fortschritte

Immer wieder berichtet die Medizinforschung über Fortschritte bei der Behandlung von Lähmungen. So schilderte 2012 ein Team um Susan Mackinnon von der Washington University in St. Louis (Missouri) den Fall eines gelähmten Mannes, der nach einer Operation wieder leicht greifen konnte. Die Ärzte hatten Nerven des Patienten neu miteinander verschaltet, so dass ein Nerv, der eigentlich Signale für den Oberarm gab, Befehle für die Finger lieferte. Bereits ein Jahr zuvor hatte eine Forschungsgruppe um Susan Harkema von der Universität Louisville (US-Staat Kentucky) einem Gelähmten mit Hilfe elektrischer Muskelstimulation auf die Beine geholfen: Der Patient konnte immerhin einige Minuten selbstständig auf seinen Füßen stehen. Allerdings war seine Lähmung nicht vollständig, weil er im gelähmten Bereich noch etwas fühlte.

(APA)

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Querschnittgelähmter kann rechte Hand per Chip steuern
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen