Der schlussendlich tödliche Schuss auf den Guru Sant Rama Nand verlief laut Gutachten von der linken Schulter schräg nach hinten, wo das Projektil im mittleren Rückenbereich wieder austrat. Dieses verletzte Lunge, Zwerchfell, Magen und Milz derart stark, dass der 57-jährige Prediger aufgrund massiver innerer Blutungen im AKH verstarb. Sant Niranjan Dass wurde von einer Kugel in den Bauch und in den Oberschenkel getroffen. Der 68-Jährige, den man schon bald nach den Schüssen zurück nach Indien überstellte, zog sich überdies eine Teillähmung des linken Beines zu. Einem 47-jährigen Gläubigen, der sich schützend vor die Gurus stellte, wurde ein Oberschenkeldurchschuss sowie ein Steckschuss im Oberkörper zugefügt. Obwohl die Operation nicht komplikationsfrei verlief, überlebte der Mann.
Glück dürfte im Endeffekt der mutmaßliche Todesschütze gehabt haben. Denn der 35-jährige Sikh wurde nach den Schüssen von Ravidass-Anhängern heftig zugerichtet und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Der Mann war mit fünf weiteren Glaubensbrüdern von Donaustadt nach Rudolfsheim gefahren, weil sie sich von den Ravidass-Gurus provoziert fühlten, die es wagten, auf gleicher Höhe mit dem “Heiligen Buch” zu sitzen. Mit Bratpfannen und Nudelhölzern sollen sie auf den 35-Jährigen eingeschlagen haben, so dass dieser erst einen Monat nach dem Anschlag vom Krankenhaus in die Justizanstalt Josefstadt “übersiedeln” konnte.
Die restlichen fünf Mitangeklagten sind laut gerichtsmedizinischem Gutachten nicht so schwer verletzt worden. Es sollen durchwegs stumpfe Gegenstände gewesen sein, durch die sie vorwiegend Rissquetschwunden erlitten. In dem unüberschaubaren Chaos, das nach den Schüssen in dem Tempel geherrscht haben muss, wurden allerdings einige Ravidass-Gläubige mit Dolchen attackiert. Der Sachverständige listete etliche Stichverletzungen auf, die den Opfern zugefügt worden waren.
Alle sechs Angeklagten kamen am heutigen Verhandlungstag nicht zu Wort, denn die Einvernahmen durch Richterin Susanne Lehr sind bereits an den ersten drei Prozesstagen vorgenommen worden. Dabei hatten sich die nach eigenen Angaben “streng gläubigen” Sikhs als nicht übermäßig auskunftsfreudige Gesprächspartner erwiesen. Während der Hauptbeschuldigte immer wieder beteuerte, er könne sich aufgrund seiner schweren Kopfverletzungen an nichts mehr erinnern, wiesen seine fünf Glaubensbrüder auf der Anklagebank jegliche Beteiligung an dem Anschlag von sich. Sie behaupteten, sie hätten in dem Tempel lediglich diskutieren wollen und seien dann im Zuge der Tumulte niedergeschlagen worden.
Als nächster Verhandlungstermin wurde der 10. September (9.00 Uhr, Großer Schwurgerichtssaal) anberaumt. Die Verhandlung am 17. September entfällt hingegen.