Völlig offen ist, mit welcher Koalition Merkel eine vierte Amtszeit antreten könnte. Neben einer Fortsetzung der Großen Koalition mit der SPD dürfte auch ein “Jamaika”-Bündnis aus Union, FDP und Grünen rechnerisch möglich sein. Ob es für eine Koalition nur aus CDU/CSU und FDP reicht, bleibt bis zuletzt ungewiss. Am Freitag boten die Parteien noch einmal ihr komplettes Spitzenpersonal zum Endspurt des Wahlkampfs auf.
SPD sackt dramatisch ab – AfD wäre Dritter
Im letzten ZDF-“Politbarometer” vor der Bundestagswahl kommt die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz nur noch auf 21,5 Prozent – ein Minus von 1,5 Punkten im Vergleich zur Vorwoche. Die Union rangiert nach der am Donnerstagabend veröffentlichten Umfrage unverändert bei 36 Prozent. Die AfD käme auf 11 Prozent (plus eins), die Linke würde 8,5 Prozent (minus 0,5) erreichen, die Grünen 8 und die FDP 10 Prozent (beide unverändert).
Das ZDF betonte, die Zahlen gäben lediglich ein Stimmungsbild wieder und stellten keine Prognose für den Wahlausgang dar. Zurzeit gäben lediglich 63 Prozent aller Wahlberechtigten an, sicher zu sein, dass und wen sie wählen wollten.
Mit Blick auf die Umfragen der vergangenen Woche hat sich die Union bei 36 bis 37 Prozent stabilisiert, die SPD kommt auf 20 bis 23 Prozent. Die AfD liegt zwischen 9 und 12 Prozent, die FDP zwischen 9 und 11, die Grünen zwischen 7 und 8 Prozent.
AfD, FDP im Bundestag
Bei der letzten Bundestagswahl 2013 hatte die Union 41,5 Prozent bekommen, die SPD 25,7 Prozent, die Linke kam auf 8,6, die Grünen erreichten 8,4 Prozent. FDP (4,8) und AfD (4,7) scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.
Rund 61,5 Millionen Deutsche sind am Sonntag zur Wahl aufgerufen. Fast ein Drittel wollte Umfragen zufolge per Briefwahl abstimmen, so viele Wähler wie nie zuvor. 42 Parteien beteiligen sich an der Wahl. Die Wahllokale haben von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet. Unmittelbar nach Schließung werden ARD und ZDF erste Prognosen zum Ergebnis veröffentlichen. Hochrechnungen folgen kurz darauf.
Schulz: “Frau Merkel hat unrecht”
Bei einem seiner letzten Wahlkampf-Auftritte wies Schulz den Vorwurf Merkels zurück, es sei kein Geld für Wahlversprechen der Sozialdemokraten da. In der Sendung “Kanzlercheck” der ARD-Jugendradios sagte er am Freitag: “Frau Merkel hat unrecht.” Sie kenne offensichtlich die Zahlen der Rücklagen ihres Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) nicht. Die Union wolle bis zu 30 Milliarden Euro mehr pro Jahr für die Rüstung ausgeben, er wolle das Geld lieber für Bildung und Pflege ausgeben, sagte Schulz.
AfD verzichtet auf Wahlkampfabschluss-Veranstaltung
Merkel wollte am Abend gemeinsam mit der CSU in München ihren Wahlkampf offiziell beschließen. Die Grünen-Spitzenkandidaten Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt begannen einen “Wahl-Marathon”, der sie innerhalb von 42 Stunden noch einmal in alle 16 Bundesländer führen sollte. Für die Linke wollten Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch vor dem Roten Rathaus in Berlin sprechen. FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner wurde in Bonn erwartet. Nur die AfD verzichtete auf eine große Wahlkampfabschluss-Veranstaltung.
Letzter TV-Schlagabtausch: Alle gegen AfD
Beim letzten TV-Schlagabtausch vor der Bundestagswahl machten Spitzenpolitiker von Union, SPD, Linkspartei, Grünen und FDP am Donnerstagabend gemeinsam Front gegen die AfD. Die rechtskonservative Partei überschreite mit organisierten Störaktionen beim Wahlkampf anderer Parteien vor allem im Osten Grenzen und verbreite dabei Hass und Hetze, kritisierte etwa Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt in der Sendung “Wahl 2017 – Die Schlussrunde” von ARD und ZDF.
(APA)