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"Ruhiger Freitag" beim GTI-Treffen

Dröhnende Musik, lautes Auspuffknallen und viel nackte Haut - das legendäre GTI-Treffen in Reifnitz am Wörthersee ist in der 30. Runde. Rund 200.000 Autofans und VW-Liebhaber pilgern aus ganz Europa nach Kärnten, um mit Gleichgesinnten bis Sonntag den 35. Geburtstag des Kultautos zu feiern. Am Freitag, dem offiziell dritten Tag der Veranstaltung, ließen es die GTI-Fans merklich ruhiger angehen.
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Es gibt zwei Arten von GTI-lern. Die einen interessieren sich wirklich für die Autos, kommen meist früher und fahren auch früher wieder nach Hause. Und dann gibt es die Halli-Galli-Fans”, sagt Polizist Ernst Höbinger, der schon jahrelang seinen Dienst bei der Veranstaltung verrichtet. “Die lassen sich das Feiern auch vom schlechten Wetter wie gestern Abend nicht vermiesen”, so der Beamte. Insgesamt gehe es aber im Vergleich zu vergangenen Jahren sehr gesittet zu.

Freitag in der Früh gegen 9.00 Uhr ist es in Reifnitz noch ruhig, Polizei und Security haben noch wenig zu tun. Die Straßen füllen sich nur langsam mit Menschen und Autos, Regenwolken hängen am Himmel, noch kommt man mit einem Fahrzeug problemlos durch den Ort. Auf einer Wiese, die pro Pkw um zehn Euro an GTI-Fans vermietet wird, sind einige schon eifrig beim Autoputzen. Wer hier einen Parkplatz haben möchte, muss allerdings schon sehr früh aufstehen. “Seit halb sechs bin ich auf”, erklärt Christian, GTI-Fan aus Voitsberg in der Steiermark, der schon das siebente Mal mit seinem VW an den Wörthersee gefahren ist, weil es “einfach lustig ist”. Mit Küchenrollen und Polierlappen wird versucht, den geliebten Golf trocken und streifenfrei zu bekommen. “Hier kommt man sowieso nicht viel zum Schlafen”, sagt er, während er sich vom Nachbarn einen Glasreiniger ausborgt und die Scheiben wischt. In Reifnitz wird besonders auf die Sauberkeit der Autos geachtet. “Zuhause kennt mein Auto eh jeder, da muss es nicht so sauber sein”, lacht der Steirer. Rund 3.000 Euro hat er – abgesehen vom Kaufpreis – bereits in seinen GTI investiert. Im ganzen Ort findet man Stände mit Autozubehör wie Auspuffanlagen, Lichter, Aufkleber und die neuesten Effekt-Lackierungen. Der Tuning-Kreativität sind fast keine Grenzen gesetzt.

Ein paar Meter weiter polieren Anika und Anne aus Thüringen in Deutschland ihren giftgrünen VW Scirocco. “Weibliche VW-Fans sind gar nicht so unüblich, zumindest da, wo wir herkommen”, erklärt Anne. Das Auto gehört ihrer Freundin, sie selbst hat auch einen GTI, der dieses Jahr allerdings zu Hause bleiben musste. “Nächstes Jahr kommen wir wieder, aber dann mit zwei Autos”, grinst die 22-Jährige. Anika hat bisher 6.000 Euro in Adaptionen an ihrem VW investiert. “Ideen hätte ich noch viele, ein Airbrush, einen anderen Auspuff und – wenn es für diese Marke erhältlich ist – auch einen Bodykit. Aber dazu brauch ich noch etwas mehr Zeit und Geld”, so die Deutsche, die acht Stunden Anreise für das Treffen in Kauf genommen hat.

Langsam füllen sich die Straßen mit immer mehr Schaulustigen. An den Gastronomieständen werden noch die letzten Reste vom Vortag zusammengeräumt. Die Autonarren versorgen sich am Vormittag eher mit Energydrinks und Mineralwasser als mit Bier und Spirituosen. Bestaunt werden vor allem die aufwendigen Autoumbauten – angefangen von Flügeltüren, besonderen Auspuffen oder verchromten Motor-Innenleben. Besonders auffällig ist ein Wagen, dessen Besitzer Felgen und Teile im Motorraum mit 24-karätigem Gold überziehen ließ: Bodenfreiheit rund ein Zentimeter, ein “Bitte nicht berühren”-Schild auf der Motorhaube. Kann man damit noch fahren? “Nein, das Auto ist nur zum Ansehen da”, erklärt Richard, 20, aus Melk. “Es gibt zwei Arten von Tuner. Die einen wollen ein schnelles Auto, die anderen ein besonders schönes”, ergänzt er. Das sei dann nur mehr Hobby. Das Auto wird auf einen Anhänger verladen und fährt selbst keinen Zentimeter mehr. “Das Auto ist in dem Fall kein Gebrauchsgegenstand mehr. Der Lohn für den Aufwand ist dann schon, wenn jemand herkommt und ein Foto davon macht”, sagt er.

Bei einem Haus am Straßenrand steht eine Anrainerin am Balkon und beobachtet die Szenerie. Auf die Frage, ob sie genervt oder fasziniert ist, antwortet sie: “Beides! Aber ich mach das ja schon so lange mit, da macht mir das nichts mehr aus. Und einer muss aufs Haus aufpassen, die restliche Familie ist in den Urlaub geflüchtet”, erklärt sie mit einem Lächeln. Gröbere Zwischenfälle habe sie noch nicht mitbekommen. “Letzte Nacht hat sich ein junger Bursche betrunken in meinen Garten verirrt und gedacht, er sei hier zu Hause. Ich hab dann die Polizei gebeten, dass sie ihn mitnehmen”, sagt sie.

Gegen Mittag wird die Musik von diversen Bars und Bühnen immer lauter, die Straßen sind inzwischen verstopft, es geht nur mehr im Schritttempo vorwärts. Auf der Hauptbühne präsentiert VW sämtliche bisherigen GTI-Modelle seit dessen Geburtsjahr 1976 und stellt auch die neuesten Modelle – unter anderem einen eigens für das Jubiläum konzipierten “GTI Edition 35″ – vor. VW nutzt die Veranstaltung zur Werbung, auf einer Videowall laufen Werbespots für sämtliche Marken des Konzerns. Auch Skoda, Seat und Audi haben große Ausstellungsflächen gemietet, hier hält sich der Besucherandrang aber in Grenzen. Vor den Autos tanzende Mädchen in knappen Outfits versuchen dennoch, die Blicke der vorwiegend männlichen Autofans auf sich zu richten.

Die Gastronomie und Hotellerie im Ort profitiert von der Veranstaltung. “Ich verstehe die Jugend und dass sie feiern wollen, das gehört einfach dazu”, sagt Susi, die in der Bar ihrer Schwester aushilft. “Irgendwo muss man halt einen Kompromiss machen, wenn man Geschäft machen will. Wenn es einen Anrainer stört, kann er ja vier Tage auf Urlaub fahren”, sagt sie. So wie alle übrigen Nicht-GTI-Fans in der Region. In diesen Tagen kommt man dem Kult-Auto und seinen vielen Anhängern einfach nicht aus.

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