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Rumänien: Ceausescu würde Präsidentschaftswahl gewinnen

Laut einer am Montag veröffentlichten Umfrage würden 41 Prozent der Rumänen bei einer etwaigen Präsidentschaftswahl den ehemaligen rumänischen kommunistischen Diktator Nicolae Ceausescu, dessen 1989 gestürztes Regime als eines der grausamsten im ehemaligen Ostblock galt, zum Staatsoberhaupt wählen. Andererseits belegt eine Umfrage des Instituts für öffentliche Politik (IPP) von letzter Woche eine drastische Verringerung der Popularität des Staatspräsidenten Traian Basescu und seiner Liberaldemokratischen Partei (PDL).

Dieser käme bei einer Wiederholung der Präsidentschaftswahl von 2009, die er mit 50,3 Prozent knapp gewann, auf nur mehr 19 Prozent, während die PDL nur mehr 12 Prozent der Wählerstimmen für sich gewinnen könnte. Zudem würden im Falle einer Volksbefragung 65 Prozent der Rumänen für die Absetzung Basescus stimmen – ein für jenen Politiker, der mit dem Wahlspruch “Sa traiti bine! – Auf, dass ihr gut lebt!” zwei Amtszeiten gewann, ein äußerst ernüchterndes Ergebnis.

Fast die Hälfte der Rumänen (49 Prozent) halten Ceausescu für ein gutes Staatsoberhaupt. 63 Prozent behaupten, sie hätten im kommunistischen Regime besser gelebt, gegenüber nur 23 Prozent, die angaben, es im Kommunismus schwerer gehabt zu haben und 9 Prozent, die keine Änderung feststellen konnten. Obwohl 68 Prozent den Kommunismus für eine gute Idee mit schlechter Anwendung halten, geben 57 Prozent der befragten Personen an, dass sie den Sturz des Kommunismus nicht bedauern.

80 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass das Gerichtsverfahren gegen Ceausescu ungerecht gewesen sei, während 68 Prozent eine rechtliche Strafe für jene, die ihn verurteilt und hingerichtet haben, für richtig halten. Die Ceausescus wurden gleich nach ihrer Festnahme infolge eines summarischen Schauprozesses, ohne authentische anwaltliche Verteidigung und ohne dass vom Berufungsrecht Gebrauch gemacht wurde, des Völkermordes angeklagt, zum Tode verurteilt und noch am selben Tag – dem ersten Weihnachtstag des Jahres 1989 – hingerichtet.

Unklar ist, ob die nostalgische Einstellung der Rumänen zum Kommunismus durch die rückwirkende Sympathie für die Ceausescus oder eher durch die Empörung über die mangelnde Legitimität des Todesurteils zu erklären ist. Während die Revolutionsführer und späteren demokratischen Politiker erklärten, die Exekution des Diktators sei notwendig gewesen, um jene regimetreuen “Terroristen”, die Ceausescu immer noch verteidigten, zu veranlassen, von ihrem Kampf abzulassen und so das Blutvergießen auf den Straßen einzustellen, sprechen viele Analysten von der allzu eiligen Hinrichtung der Ceausescus als einem Versuch der über Nacht zu Demokraten mutierten ehemaligen Kommunisten, die neuen Machtstrukturen und damit den Staatstreich, durch den Ceausescu beseitigt wurde, zu ermöglichen und zu legitimieren.

Derartige Umfrageergebnisse zeugen vor allem vom Scheitern der demokratischen Institutionen Rumäniens, die Entwicklung des Demokratieverständnisses bei der breiten Bevölkerung voranzutreiben. Eine Vergleichbarkeit der beiden politischen Systeme ist auch jenseits des Freiheitsentzugs und der brutalen Unterdrückung jeder Opposition ein schier untragbares Postulat, gerade im Falle des kommunistischen Regimes in Rumänien, wo die Rationalisierung der Nahrungsmittel oder Unterbrechungen der Stromversorgung an der Tagesordnung waren und die jahrzehntelange Zwangsindustrialisierung sowie die größenwahnsinnigen Bauprojekte Ceausescus zu einer die starken Verarmung der Bevölkerung geführt hatten.

Paradoxerweise erklärt sich ein so hoher Prozentsatz von Nostalgikern gerade durch deren äußerst effiziente und immer noch anhaltende ideologische Gehirnwäsche, die 50 Jahre Kommunismus in Rumänien angerichtet haben. Nicht nur die Enttäuschung über mangelnden wirtschaftlichen Fortschritt oder die Ineffizienz im Kampf gegen die in Rumänien endemische Korruption, sondern auch das Ausbleiben einer authentischen demokratiepolitischen Emanzipation führen dazu, dass viele die Freiheit und Selbstbestimmung als Last empfinden und dass die Vielstimmigkeit einer demokratischen Medienlandschaft eine ausgesprochene Orientierungslosigkeit verursacht.

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