AA

Salzburger Festspiele: Berliner Philharmoniker beenden Konzertsommer

Ein Traum-Programm, das Konzertchef Markus Hinterhäuser und die Berliner Philharmoniker für das allerletzte Konzert des Salzburger Festspielsommers am Sonntagabend im Großen Festspielhaus zusammengestellt haben.
Das Parsifal-Vorspiel des alten Richard Wagner, die “Vier letzten Lieder” von RichardStrauss vor der Pause und dann die Orchesterstücke der Nachfolger und Tonalität-Zertrümmerer Schönberg, Webern und Berg. Das Konzert selbst hingegen hielt nur zum Teil, was das Programmkonzept versprach.

Orchestermusiker nicht herausragend

Ein wenig mag den Orchestermusikern aus Berlin noch der Urlaub in den Gliedern stecken. Das sonst so herausragend präzise und zugleich klangschöne Orchester kickste und wackelte ungewohnt heftig, besonders die Kollegen Blechbläser offenbarten während des gesamten Konzertes unschönen Trainingsrückstand. Dass die “Vier letzten Lieder” von Strauss in ihrer herzzerreißend innigen Melancholie nicht blühten, wie sie blühen könnten, lag indes nicht am Orchester. Es lag an Sopranistin Karita Mattila.

Strauss in Fett ertränkt

Die Finnin verfügt über einen großen Sopran in wunderschöner Grundfarbe. Sie hat Kraft in allen Lagen, auch in einer Tiefe, die sonst den Mezzosopranistinnen gehört. Aber sie hat diese spätherbstlich-traurigen Lieder klanglich derart verschmiert, als ginge es hier um eine Revue. Extrem dick aufgetragenes Vibrato, schwülstige Glissandi, Text gleich null. Gerade diese extrem breit angelegten und üppig instrumentierten Strauss-Lieder fühlen sich in klarer, schlanker Schlichtheit am wohlsten. Mattila aber hat Strauss in Fett ertränkt.

Schon Jahrzehnte davor haben Schönberg und seine Schüler Webern und Berg alles zerhäckselt, was Wagner und dann Mahler und eben Strauss bis an die Grenzen ausgereizt und triefend mit Gefühl angereichert hatten. Und doch sprach Simon Rattle zu Recht von einer “Elften Symphonie” von Gustav Mahler, als die sie diese Zwölfton-Orchesterstücke verstanden wissen und ohne Zwischenapplaus wiedergeben wollten. Die fünf Stücke von Schönberg (op. 16), sechs von Webern (op. 6b) und drei von Berg (op. 6) als zusammenhängendes Stück machten hör- und fühlbar Sinn. Der eckig-radikale Schönberg als quasi erster Satz, der knappe, aufs Wesentliche verdichtete Webern in der Mitte und dann der orchestral und klanglich sinnliche Berg als Finale und Abrundung einer musiktheoretischen Runderneuerung, die das gesamte 20. Jahrhundert prägen sollte.

Die Berliner Philharmoniker, Simon Rattle und die Festspiele wiesen mit diesem klugen Trick zum Abschluss des Festspielsommers 2010 musikhistorisch zurück zu Gustav Mahler und programmatisch nach vorne zu Gustav Mahler. Der wird nämlich 2011 einen zentralen Platz im Salzburger Festspielprogramm einnehmen.

  • VIENNA.AT
  • SALZBURGER FESTSPIELE 2010
  • Salzburger Festspiele: Berliner Philharmoniker beenden Konzertsommer
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen