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San Sebastian als EU-Kulturhauptstadt der Versöhnungskultur

Im Vordergrund soll die Beteiligung der Bürger stehen
Im Vordergrund soll die Beteiligung der Bürger stehen
Unter dem Motto "Kultur fürs Zusammenleben" ist nach dem polnischen Breslau nun auch die nordspanische Küstenstadt San Sebastian am Samstagabend offiziell in ihr Kulturhauptstadtjahr gestartet. Im prachtvollen Victoria Eugenia Theater überreichte Martine Reicherts (Generaldirektion für Bildung und Kultur der EU-Kommission) Bürgermeister Eneko Goia die offizielle Plakette als EU-Kulturhauptstadt.


Die rund 400 geplanten Kulturveranstaltungen stehen dabei vor allem unter dem Leitmotiv der “Versöhnungskultur”. Deshalb will San Sebastian als Kulturhauptstadt auch weitgehend auf große Showeffekte und internationale Stars verzichten.

Im Vordergrund soll die Beteiligung der Bürger stehen. Jahrzehntelang bombte und mordete im Baskenland die Terrororganisation ETA im Kampf für die baskische Unabhängigkeit. Donostia, so der baskische Name San Sebastians, musste besonders unter dem ETA-Terror leiden. Vor über vier Jahren beendete die ETA ihren Kampf.

“Der Terror und die Angst haben jedoch eine tief gespaltene Gesellschaft zurückgelassen, die das friedliche Zusammenleben erst wieder langsam lernen muss”, meinte San Sebastians Bürgermeister Eneko Goia am Rande der Kulturhauptstadteröffnung im APA-Gespräch. “Nun wollen wir mit Kultur versuchen, die Menschen wieder zusammenzubringen”, erklärt Pablo Berastegui, Direktor des Kulturhauptstadtprojekts, das Ziel. Ein Weg scheint dabei die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls der Basken zu sein.

Das zeigten bereits die Ausstellungen und Kulturevents, die im Rahmen des viertägigen Eröffnungsprogramms stattfanden: Im San Telmo Museum gedenkt die großartige Ausstellung “Gaur Konstelazioak” seit Freitag großen baskischen Künstlern wie Jorge Oteiza, Eduardo Chillida, Jose Luis Zumeta und Eugenio Ortiz. Ihre Künstlergruppe “Gaurs” bildete sich Mitte der 60er, um als eine Art künstlerisches Sprachrohr die vom Franco-Regime unterdrückte “kollektive Identität des Baskenlandes” zu verteidigen.

Mit einem spektakulären Trommelkonzert starteten bereits am Samstagmittag auf dem Concha-Strand die Feierlichkeiten zum Eröffnungstag des Kulturhauptstadtjahres. 6.500 Musiker beteiligten sich an der Tamborrada, San Sebastians traditionellem Fasstrommelfest.

“Kultur hat die Kraft, Menschen zu vereinen. Ich glaube fest daran, dass das Kulturhauptstadtjahr zu einem besseren Zusammenleben beitragen kann”, meint auch die baskische Künstlerin Maider Lopez im APA-Gespräch. An der Strandpromenade eröffnete sie am Samstag ihre Freilicht-Installationen “Iturriak” (Brunnen). Mit alten, vor Jahrzehnten abgebauten Stadtfontänen will sie die Donostiarras an ihr altes Gemeinschaftsleben erinnern, in welchem die öffentlichen Brunnen immer eine große Rolle spielten.

“Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken” zitierte Bürgermeister Goia während der Eröffnungszeremonie frei Isaac Newton. Und so fand auch die anschließende Eröffnungsshow symbolisch auf einer Brücke statt. Der Künstler Hansel Cereza, Mitgründer der weltbekannten Theatergruppe “La Fura dels Baus”, wollte San Sebastians Marea Cristina Brücke mit einer spektakulären Licht-und Musikshow in die “Brücke des Miteinanders” verwandeln. Cereza, der schon die Eröffnungsshow der Olympischen Sommerspiele 1992 konzipierte, hatte “eine einmalige, unvergessliche Veranstaltung” versprochen. Leider blieb die Show weit hinter den Erwartungen der rund 40.000 Zuschauer am Uferrand zurück.

Dafür begeisterten aber die beiden jungen, österreichischen Musikbands Leyya und HVOB direkt neben der Mara Cristina Brücke beim Tabakalera-Kulturzentrum das spanische Publikum. Die beiden Gruppen waren vom Österreichischen Kulturforum Madrid eingeladen worden. “Ein Ziel der österreichischen Auslandskulturarbeit ist es, ein zeitgemäßes Österreich-Bild zu präsentieren, das die bekannten Klischees überwindet und den interkulturellen Austausch zu fördern. Die Teilnahme der beiden Gruppen an der Eröffnung der Europäischen Kulturhauptstadt ist eine hervorragende Gelegenheit, diese beiden Ziele zu verbinden”, erklärt Peter Huber, Österreichs Botschafter in Spanien.

“Wir sind noch niemals in Spanien aufgetreten und spielen jetzt sogar während der Eröffnung des EU-Kulturhauptstadt. Das ist eine wahnsinnig tolle Erfahrung”, meinte HVOB-Bandmitglied Anna Müller begeistert zur APA. Begeistert war auch Pablo Berastegui. Bis tief in die Nacht tanzte der Direktor des Kulturhauptstadtprojekts zu den Elektro-Pop-Beats von HVOB. “Ein tolle Gruppe. Austria for ever. Super Vorstellung”, so Berastegui zur APA.

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