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Schweres Zugunglück in Bayern - Zehn Tote und 80 Verletzte

Garnituren frontal zusammengestoßen
Garnituren frontal zusammengestoßen ©APA
Bei einem schweren Zugsunglück am Dienstag Morgen in Bad Aibling in Oberbayern sind zehn Menschen ums Leben gekommen. Nach ersten Vernehmungen der Polizei ergibt sich im Zusammenhang mit dem Zugsunglück von Bad Aibling in Bayern kein dringender Verdacht gegen den Fahrdienstleiter.
Zugunglück in Bayern I
Zugunglück in Bayern II
Zugunglück in Bayern III
Zugunglück in Bayern: Luftaufnahmen

Auf YouTube wurde ein Video veröffentlicht, das ein Passagier des Unglückszuges am Dienstag Früh aufgenommen hat. Die Aufnahmen vermitteln einen beklemmenden Eindruck aus dem Zug: Es ist dunkel, Menschen stöhnen aus Angst oder vor Schmerzen, einige versuchen zu helfen, andere sind offensichtlich geschockt.

“Kein dringender Verdacht” gegen Fahrdienstleiter

Nach ersten Vernehmungen der Polizei ergibt sich im Zusammenhang mit dem Zugsunglück von Bad Aibling in Bayern kein dringender Verdacht gegen den Fahrdienstleiter. “Wir wehren uns vehement gegen dieses Gerücht”, sagte Polizeisprecher Jürgen Thalmeier am Mittwoch am Unglücksort im Hinblick auf entsprechende Berichte. Demnach könnte eine Fehlentscheidung eines Fahrdienstleiters im Stellwerk zu der Katastrophe geführt haben. Der Bahnangestellte soll das automatische Signalsystem außer Kraft gesetzt haben, um einen verspäteten Triebwagen noch “quasi von Hand durchzuwinken”.

Zwar könne ein Fehler oder Vergehen des Diensthabenden auch nicht ausgeschlossen werden; die Ermittlungen stünden noch am Anfang. Doch sei der Fahrdienstleiter bereits unmittelbar nach dem Zusammenstoß zweier Regionalzüge am Dienstag befragt worden. Daraus ergebe sich “noch kein dringender Tatverdacht”, betonte Thalmeier.

Die Deutsche Presse-Agentur hatte aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass die Tragödie auf der Strecke Holzkirchen-Rosenheim durch menschliches Versagen ausgelöst worden sei. Derzeit ermitteln die Beamten auch im Stellwerk von Bad Aibling. Wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bekannt gab, arbeitet inzwischen eine 50-köpfige Sonderkommission der Kriminalpolizei an dem Fall.

Zudem steht inzwischen die Identität von neun der zehn Opfer fest. Dabei handelt es sich ausschließlich um Männer im Alter von 24 bis 60 Jahren, sagte Thalmeier. Sie alle stammten aus der Region. Unter ihnen seien auch die zwei Lokführer sowie ein Lehr-Lokführer, der routinemäßig einen der beiden Männer auf seiner Fahrt begleitete.

Unfallstelle schwer zugänglich

Ein Großaufgebot an Rettungskräften mit zahlreichen Hubschraubern und Krankenwagen kümmerte sich am Dienstag um die Verletzten. Unter den Todesopfern sind wahrscheinlich auch die beiden Lokführer. Zehn weitere Menschen wurden schwer, acht mittelschwer und 63 leicht verletzt. Die Bahnstrecke wird vor allem von Pendlern in Richtung München frequentiert.

Hubschrauber brachten die Schwerverletzten in Krankenhäuser, während die zahlreichen Leichtverletzten zunächst in einer Sammelstelle versorgt wurden. Dabei half auch die Wasserwacht, welche die Verletzten von der direkt an dem Flüsschen Mangfall gelegenen Unfallstelle an das gegenüberliegende Ufer transportierte.

Zum Teil wurden die Opfer auch in Bergungssäcken von den Hubschraubern hochgezogen und an das andere Ufer geflogen. Die Unfallstelle ist sehr schwer zugänglich und liegt an einer Hangkante, die zur Mangfall abfällt.

Österreicher im Rettungseinsatz

Laut dem Tiroler Roten Kreuz waren nach dem Unglück im benachbarten Bayern auch 35 Rettungsfahrzeuge mit 120 Angehörigen des Sanitätspersonals und zwölf Notarärzte aus den Kufstein, Schwaz und Kitzbühel im Einsatz gestanden. Insgesamt waren 15 Hubschrauber im Einsatz, drei davon vom ÖAMTC. “Das Gebiet war komplett unzugänglich”, sagte Josef Deutinger vom Christophorus 1. Die Helfer mussten mittels Winden an der Unglücksstelle abgesetzt werden. Auch die Verletzten konnten nur mit Helikoptern geborgen werden. In München wurde zu Blutspenden aufgerufen.

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Ein "Christophorus"-Rettungshubschrauber aus Österreich im Einsatz. (dpa) ©Ein "Christophorus"-Rettungshubschrauber aus Österreich im Einsatz. (dpa)

“Der Unfall ist ein Riesenschock für uns”, sagte der Geschäftsführer der Bayerischen Oberlandbahn (BOB), Bernd Rosenbusch. “Wir tun alles, um den Reisenden, Angehörigen und Mitarbeitern zu helfen.” Die BOB betreibt die Züge auf der Unfallstrecke.

Mit bis zu 120 km/h unterwegs

Die Züge waren in einer Kurve zwischen den Bahnhöfen Kolbermoor und Bad Aibling-Kurpark in der Nähe des Klärwerks von Bad Aibling zusammengestoßen. Prinzipiell dürfen die Züge an der Stelle bis 120 Stundenkilometer fahren, wie die Deutsche Bahn erläuterte.

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Die verunglückten Züge werden von der Bayerischen Oberlandbahn GmbH unter der Marke Meridian betrieben. Die Bayerische Oberlandbahn gehört zum französischen Eisenbahnunternehmen Transdev. Die Transdev GmbH in Deutschland mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp 850 Millionen Euro bezeichnet sich als größter privater Nahverkehrsanbieter im lokalen Bahn- und Busbereich in Deutschland. Der Mutterkonzern Transdev ist mit 83.000 Mitarbeitern in 20 Ländern tätig.

Die Strecke Holzkirchen-Rosenheim gehört zur Deutschen Bahn, die auch das Stellwerk in Bad Aibling betreibt. An der Strecke gibt es eine sogenannte Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB), die einen Zug automatisch abbremst, wenn ein rotes Signal überfahren wird.

Merkel tief betroffen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich tief betroffen: “In Gedanken bin ich auch bei den zahlreichen Verletzten, die mit den Folgen des Unglücks ringen”, sagte sie. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin und der französische Premierminister Manuel Valls bekundeten ihr Mitgefühl. Die beiden großen Kirchen in Deutschland erbaten “Gottes Beistand und Trost”.

Aus Respekt vor den Opfern sagten die Parteien den Politischen Aschermittwoch ab. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wollte am Mittwoch die Unglücksstelle besuchen und mit den Rettungskräften sprechen.

Bei aller Trauer war den Rettern schnell klar, dass das Unglück sogar noch schlimmer hätte ausfallen können. Denn wegen der Faschingsferien in Bayern saßen in den Zügen am Morgen weniger Pendler als sonst – und vor allen Dingen keine Schüler.

Strecke komplett gesperrt

Die 37 Kilometer lange Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim wurde nach dem Unglück komplett gesperrt. Wann die Strecke wieder geöffnet werden kann, blieb zunächst unklar. Die Bergung der Trümmer wird aber wohl mehrere Tage dauern, da die Stelle schwer zugänglich ist. Ermittler versuchen nun, die Ursache des Unglücks zu ermitteln. Es soll auch Thema im Bundestag werden – der Verkehrsausschuss wird sich voraussichtlich bereits in der nächsten Sitzungswoche damit beschäftigen.

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