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Tadic nicht an Wiedervereinigung mit Montenegro interessiert

Serbien sei nicht an einer Wieder­ver­,einigung mit Montenegro, allerdings an best möglichen Beziehungen interessiert. Dies erklärte Serbiens Präsident Boris Tadic gegenüber dem montenegrinischen TV-Sender RTCG vor seinem ersten Besuch in dem Nachbarland seit der Auflösung des gemeinsamen Staatenbundes im Juni 2006.

Die ursprünglich für heutigen Dienstag geplante Montenegro-Reise des serbischen Staatschefs wurde wegen einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrates zum Kosovo auf Donnerstag verschoben.

Der serbisch-montenegrinische Staatenbund wurde nach einem Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro aufgelöst. Gegen die Auflösung hatte sich die montenegrinische proserbische Opposition ausgesprochen. Eine starke Unterstützung erhielt sie von der damals in Belgrad regierenden nationalkonservativen Demokratischen Partei Serbiens (DSS) von Vojislav Kostunica. Nach der Trennung wurde in Montenegro immer wieder darüber spekuliert, dass in Belgrad eine Wiedervereinigung angestrebt werde.

Zu der bisher tiefsten Krise in den bilateralen Beziehungen kam es nach der Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo, als Montenegro im Oktober 2008 den jüngsten Staat Europas anerkannte. Belgrad reagierte darauf mit einem Landesverweis für den Botschafter Montenegros. Die bilateralen Beziehungen normalisierten sich wieder nach einem Belgrad-Besuch des montenegrinischen Staatschef Filip Vujanovic im Mai 2009.

Seit dem Jahresbeginn gab es wiederholt Spannungen. Montenegrinische Behörden haben nach Meinung Belgrads nicht entsprechend bei der Fahndung nach dem weiterhin flüchtigen serbischen Kokain-König Darko Saric kooperiert. Die serbische Justizministerin Snezana Malovic beschuldigte das Nachbarland sogar offen, eine “sichere Oase” für die Kriminellen zu sein. Saric ist montenegrinischer Abstammung. In Belgrad wird immer wieder angenommen, dass er sich in seinem nordmontenegrinischen Geburtsort verstecken dürfte.

Montenegros Ministerpräsident Milo Djukanovic sorgte für Aufsehen, als er vor den Kommunalwahlen im Mai einen Mitarbeiter von Tadic beschuldigte, sich in den Wahlkampf zugunsten der Opposition eingemischt zu haben. Auch ein Besuch des montenegrinischen Parlamentspräsidenten Ranko Krivokapic in Belgrad wurde damals aus nicht ganz klaren Gründen kurzfristig abgesagt.

Tadic wies nun die Vorwürfe der Einmischung in Montenegro ab. Er verlange von Politikern und Bürgern serbischer Abstammung, ihrem Staat treu zu sein und die Interessen des serbischen Volkes auf gesetzliche Weise zu verteidigen, sagte der serbische Präsident.

Nach offiziellen Angaben stellen die Serben knapp 33 Prozent der Bevölkerung Montenegros. Bei einer jüngsten Umfrage gaben sogar 70 Prozent der Bürger des kleinen Landes Serbisch als ihre Muttersprache an. Die Amtssprache Montenegrinisch ist im Grunde ein Dialekt jener Sprache, die im ehemaligen Jugoslawien als Serbo-Kroatisch bezeichnet wurde.

Eine weiterhin offene bilaterale Frage ist jene der doppelten Staatsbürgerschaft. Serbien behandelt sie sehr großzügig und ist bereit, jedem Bürger des Nachbarlandes, der sich als Serbe deklariert, die Staatsbürgerschaft zu gewähren. Montenegro kennt dagegen eine doppelte Staatsbürgerschaft nur in Ausnahmefällen.

Für Unmut in Belgrad sorgte kürzlich eine Einigung der Innenminister von Montenegro und Kosovo über die Regelung der Eigentumsfragen an der gemeinsamen Grenze. Diese Frage müsse Podgorica mit Serbien besprechen, forderte Tadic vor seiner Montenegro-Reise. Aus der Sicht Belgrads ist der Kosovo nämlich weiterhin eine serbische Provinz, auch wenn der kleine Staat inzwischen von 69 Staaten anerkannt wurde.

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