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Terroralarm - Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen in ganz Deutschland

Polizei prüft nach Sprengstofffund in Chemnitz 80 ernst zu nehmende Hinweise.
Polizei prüft nach Sprengstofffund in Chemnitz 80 ernst zu nehmende Hinweise. ©AP
Nach dem Fund von hochgefährlichem Sprengstoff in Chemnitz hat die deutsche Polizei am Sonntag auf Hochtouren nach einem 22-jährigen Syrer wegen möglicher Anschlagspläne gefahndet und Sicherheitsvorkehrungen auf Bahnhöfen und Flughäfen verschärft. Es fehle aber noch die "heiße Spur", hieß es. Gegen einen festgenommenen Bekannten des Flüchtigen besteht der Verdacht der Mittäterschaft.
Gesuchter Syrer soll IS-Mitglied sein
Großeinsatz in Chemnitz

Die mehr als 80 Hinweise, die bei der Polizei eingingen, sollten laut dem Landeskriminalamt Sachsen überprüft werden. Die Polizei in Chemnitz sprach im Kurzbotschaftendienst Twitter von “ernst zu nehmenden Hinweisen”. Ein Sprecher des deutschen Innenministeriums sagte am Sonntag, die Vorgänge in Chemnitz zeigten, dass Deutschland “unverändert im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus” sei.

»Polizei Sachsen on Twitter Guten Morgen #Chemnitz! Wir sind aktuell noch stark präsent im Stadtgebiet und gehen über 80 ernst zunehmenden Hinweisen nach .#c0810«

In einer gestürmten Wohnung in Chemnitz, die von dem Verdächtigen genutzt wurde, hatten die Ermittler am Samstag mehrere hundert Gramm “hochbrisanten Sprengstoff” gefunden. Sicherheitskreise halten einen islamistischen Hintergrund für möglich. Der aufgefundene Sprengstoff war laut LKA weit gefährlicher als TNT. Er wurde in mehreren Erdlöchern kontrolliert gesprengt.

Bekannte festgenommen

Drei mögliche Bekannte des flüchtigen Jaber A. waren am Samstag in Chemnitz festgenommen worden. Einer von ihnen wird mittlerweile der Mittäterschaft verdächtigt. Es bestehe der Verdacht einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, sagte der LKA-Sprecher.

Der Verdächtige wurde am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt. Bei dem Mann soll es sich laut dem Sprecher um den Mieter der Wohnung handeln, in welcher der Sprengstoff gefunden wurde. Er ist demnach wie der gesuchte Jaber A. Syrer.

Sicherheitsvorkehrungen verschärft

Die für Flughäfen und Bahnhöfe zuständige Bundespolizei erhöhte nach den Vorfällen in Chemnitz die Sicherheitsvorkehrungen. “Dies betrifft insbesondere kritische Infrastruktur”, sagte der Sprecher des Bundespolizeipräsidiums, Ivo Priebe, am Sonntag in Potsdam. Zudem beteiligten sich die Einsatzkräfte an der Fahndung nach dem flüchtigen Terrorverdächtigen.

Am Berliner Flughafen Schönefeld soll der verstärkte Polizei-Einsatz bis mindestens Montag in der Früh andauern. Autos und Busse würden angehalten und kontrolliert, teilten die Behörden mit. An den beiden größten deutschen Flughäfen in Frankfurt und München gelten schon seit den Anschlägen in Paris und Brüssel verschärfte Regelungen.

Nur knapp entwischt

Der Mann, nach dem in ganz Deutschland gesucht wird, entwischte nach Informationen des Portals “Spiegel Online” nur knapp den Einsatzkräften. Er flüchtete demnach am Samstagmorgen aus dem noch nicht lange observierten Haus in Chemnitz. Die Beamten hätten einen Warnschuss abgegeben, ihn aber nicht gestoppt, berichtete das Portal unter Berufung auf einen vertraulichen LKA-Bericht.

Die Polizei veröffentlichte bereits am Samstag ein Foto des Verdächtigen und rief die Bevölkerung zur Mithilfe auf. Der Gesuchte sei “mit einem schwarzen Kapuzensweatshirt mit auffälligem Druck bekleidet”. Die Polizei rief aber auch zur Vorsicht auf.

AFP
AFP ©AFP

Den Hinweis auf die mögliche Gefahr hatte die Polizei in Sachsen am Freitagabend vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln bekommen, wie ein BfV-Sprecher sagte. Aufgrund der Warnung des Verfassungsschutzes startete die Polizei in Chemnitz ihren Einsatz in der Nacht auf Samstag. Zahlreiche umliegende Wohnungen wurden evakuiert. Nach der kontrollierten Sprengung des Sprengstoffs konnten die ersten Bewohner am Abend wieder in ihre Wohnungen zurückkehren.

Hauptverdächtiger kam als Flüchtling

Bernhardt sagte weiter, dass der flüchtige Hauptverdächtige seit 2015 in Deutschland lebe. Er sei seit mehreren Monaten als Flüchtling anerkannt. Er sei in der Vergangenheit nicht polizeilich auffällig geworden. “Wir müssen davon ausgehen, dass nach wie vor eine Gefahr von dieser Person ausgeht”, sagte der Sprecher. In Sicherheitskreisen wird vermutet, dass der gesuchte Syrer Kontakt zur Extremistenorganisation IS hatte: Es gebe Hinweise, dass der 22-Jährige von IS-Terroristen ausgebildet wurde, berichtete die “Bild”-Zeitung (Montag) unter Verweis auf Ermittler.

Darauf weise die Art des gefundenen Sprengstoffs hin, bei dem es sich um TATP (Azetonperoxid) handle. Bereits zuvor war bekannt gewesen, dass der Mann Kontakte zum Terrornetzwerk hat.

Sprengstoff hätte verheerende Auswirkungen

Die Behörden äußern sich derzeit offiziell weder zur Zusammensetzung des Sprengstoffs noch zu Hintergründen, möglichen Anschlagszielen oder der Motivation des Verdächtigen. Dies geschehe aus taktischen Gründen, erläuterte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen. Laut “Bild”-Zeitung befand sich ein Kilogramm Sprengstoff in der Wohnung, das LKA spricht offiziell von mehreren hundert Gramm.

“Schon 200 Gramm TATP haben eine verheerende Wirkung. Wer weiß, wie man sie richtig einsetzt, kann damit eine Halle sprengen”, zitiert die “Bild-Zeitung” einen Sprengstoffexperten. Die meisten zur Herstellung nötigen Stoffe seien frei erhältlich, die Herstellung gelte aber als sehr komplex.

(APA/Red.)

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