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Theater an der Wien feierte Jubiläum mit "Fidelio"

"Ich wünsche Ihnen keinen schönen, sondern einen aufwühlenden Abend." Auch wenn er am Sonntagabend das Festkonzert zum zehnjährigen Bestehen des Theaters an der Wien nicht leiten konnte, schaltete sich Nikolaus Harnoncourt doch via Videobotschaft ein. Der Dirigent hatte für den Anlass die Fassung von Beethovens "Fidelio" erarbeitet, im Dezember aber seinen Rückzug von der Bühne verkünden müssen.


Die gesundheitlichen Unbilden hielten den unermüdlichen Musikerklärer jedoch nicht davon ab, seinem Publikum doch die ewige Diskussion um die einzige Beethoven-Oper, die bekanntlich in drei verschiedenen Fassungen mit zahlreichen Zwischentönen vorliegt, näherzubringen. “In meiner Sicht ist jede Fassung das Ergebnis der Hypothese irgendeines Musikwissenschafters”, so Harnoncourt. Entsprechend nüchtern sein Fazit zu den Hypothesen: “Ich glaube keiner von denen – ich glaube nicht einmal meiner eigenen.” Letztlich müsse jeder Interpret seinen eigenen Weg finden.

Und dafür eignet sich vermutlich kein Ort so gut wie das Theater an der Wien (TAW), dem Harnoncourt seit der neuerlichen Inauguration als Opernhaus vor zehn Jahren eng verbunden war. Schließlich fand die Uraufführung von “Fidelio”-Fassung 1 hier 1805 statt – ebenso wie die der zweiten Fassung 1806. Ebenso eröffnete man mit dem Werk im Oktober 1945 den Spielbetrieb als Ausweichquartier für die Wiener Staatsoper.

Harnoncourts Assistent Stefan Gottfried, der für den zurückgetretenen Altmeister eingesprungen war, führte nun dessen Concentus Musicus durch die Partitur. Der regelmäßige TAW-Geher wurde dabei an die “Fidelio”-Inszenierung 2013 erinnert, bei der ebenfalls der Concentus Beethoven im Originalklangkleid präsentierte. Der “Fidelio” klingt hier etwas rumpelig, trocken, aber doch ganz eigen und rauer. Wie die rustikale, aber dennoch liebevoll gearbeitete Bauernkommode im Vergleich zum glänzend polierten Empire-Möbelstück.

Von der damaligen Inszenierung beim Jubiläumskonzert wieder mit an Bord waren Juliane Banse in der Titelrolle der Leonore/Fidelio, Anna Prohaska als Marzelline, Michael Schade als Florestan und der Brite Andrew Foster-Williams als Bösewicht Don Pizarro. Allesamt zeichnen Stimmen von vibratoarmer Klarheit aus, die perfekt mit dem Concentus harmonieren. Neu und nahtlos fügte sich da der ausgezeichnete Georg Zeppenfeld als Gefängnisdirektor Rocco ein.

Wer die Kostüme der TAW-Inszenierung unter der Regie von Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger 2013 nicht gesehen hatte, mochte vielleicht etwas irritiert sein, dass die Sänger bei einem konzertanten Abend in wehrmachtsartigen Uniformen auf der Bühne standen. Eine sinnvolle Neuerung stellte indes das Wegschneiden der Dialoge dar. Diese wurden durch neue Zwischentexte im Stile von Regieanweisungen von Christoph Klimke ersetzt, die Föttinger die Möglichkeit gaben, als Spiritus Rector auch einmal bei einem “Fidelio” auf der Bühne zu stehen.

Am Ende erhielt ungeachtet des Jubels für alle Beteiligten Stefan Gottfried die meisten Ovationen. Der Wiener hat seine Feuertaufe am TAW-Pult vor dem Concentus untadelig bestanden. Und das Theater an der Wien kann beruhigt in seine nächsten zehn Jahre gehen.

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