Die Nato schickt Flugzeuge und Soldaten in mehrere ihrer östlichen Bündnisstaaten. Angesichts der Krise in der Ukraine soll dies die stärkere Anwesenheit von Militär aus anderen Nato-Staaten die Sicherheitsgarantie der Allianz bekräftigen.
NATO “nötigenfalls für mehr bereit”
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte am Mittwoch in Brüssel: “Falls nötig, werden in den kommenden Wochen und Monaten weitere Maßnahmen folgen.” Er sagte weiter, die Schiffe würden “in die Ostsee, in das östliche Mittelmeer und nötigenfalls anderswohin” in Marsch gesetzt. Die Verteidigungspläne der Nato würden “überarbeitet und gestärkt”.
“Wir werden mehr Flugzeuge in der Luft haben, mehr Schiffe im Wasser und wir werden auf dem Land eine erhöhte Bereitschaft haben”, sagte er. Vor Journalisten machte er keine Angaben zur Zahl der Soldaten, die in die östlichen Nato-Länder geschickt werden: “Es werden genug sein, um unsere Bereitschaft zu verbessern und um nötigenfalls für mehr vorzubereiten.”
Der Nato-Rat reagierte mit der demonstrativen Entsendung von Militärs auf Bitten der drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland sowie Polens und Rumäniens.
Ukrainische Soldaten laufen über
Der Regierung in Kiew scheint die Kontrolle über die Streitkräfte zu entgleiten, die in den Osten des Landes geschickt wurden. Am Mittwochmorgen liefen in mehreren Städten Schützenpanzer zu den Separatisten über.
“Wir haben seit Wochen nichts Vernünftiges zu essen bekommen, Kiew hat uns vergessen. Jetzt reicht es uns”, rief einer der Soldaten. “Wir sind das Volk”, rief ein anderer. Auf jedem der alten Panzer saßen rund ein Dutzend Männer.
Die Soldaten trugen grüne Tarnanzüge und waren ausgerüstet mit Automatikwaffen und Granatwerfern. Mindestens einer von ihnen trug das Sankt-Georgs-Band, das inzwischen zu einem Symbol prorussischer Demonstranten im Osten der Ukraine geworden ist. Ursprünglich war es ein Symbol des Sieges der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg.
Schützenpanzer übergelaufen oder gekapert?
Die Zuordnung der bewaffneten Einheiten blieb zunächst aber unklar. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine zufolge soll es sich um ukrainische Fahrzeuge handeln, die von der Regierung in Kiew in den Kampf gegen prorussische Aufständische geschickt worden waren. Diese seien dann am Weiterfahren gehindert und von prorussischen Kräften besetzt worden.
Lage nach Kämpfen am Dienstag weitgehend ruhig
In der krisengeschüttelten Ostukraine halten schwer bewaffnete prorussische Uniformierte weiter die Stellung in vielen Teilen des Gebietes Donezk. Sie fordern einen föderalen Staat mit weitgehenden Autonomierechten für das russisch geprägte Gebiet.
Nach dem Beginn einer sogenannten Anti-Terror-Operation blieb es am Mittwoch, sieht man von den Schützenpanzern mit russischer Flagge ab, zunächst weitgehend ruhig in der Region, nach dem Regierungstruppen am Vortag in Kramatorsk einen Flugplatz zurückerobert hatten.
In einigen Städten bildeten sich Bürgerwehren. Sie wollen die Sicherheitskräfte der prowestlichen Führung in Kiew unterstützen und sich gegen die nach Russland orientierten Separatisten verteidigen.
Russland warnt vor einem Bürgerkrieg
Russland warnt davor, dass das Land im Bürgerkrieg versinken könnte. Wichtig sei jetzt eine umfassende Verfassungsreform, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem Besuch in Vietnam. Ein neues Grundgesetz, das die Rechte und Interessen aller Ukrainer berücksichtige, müsse auch Thema der für diesen Donnerstag geplanten Krisengespräche in Genf sein, sagte Lawrow der Agentur Interfax zufolge in Hanoi. Anders sei die schwere Staatskrise nicht zu lösen.
Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow hatte den Beginn des sogenannten “Anti-Terror-Einsatzes” am Dienstag im Parlament in Kiew verkündet. Ziel des Vorrückens sei der “Schutz der Bürger vor Terroristen, die das Land zerreißen wollen”. Russland hatte vor solch einem Schritt gewarnt. Die USA verteidigten das Vorgehen der Kiewer Regierung.
Kiew geht gegen Separatisten vor
Am Dienstag kam es zu Schusswechseln zwischen ukrainischen Einheiten und moskautreuen Aktivisten. Nach schweren Gefechten hatten Regierungseinheiten den Flugplatz von Kramatorsk unter ihre Kontrolle gebracht. Das russische Staatsfernsehen berichtete von mindestens vier Toten. Die moskautreuen Aktivisten sprachen von einem Verletzten in ihren Reihen. Eine offizielle Bestätigung für die Opferzahlen gab es nicht. (red/APA/dpa)