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Unfall nach „gewuzelter“ Zigarette

Die Nichteinhaltung der gebotenen Sorge ist nicht mit Verschulden gleichzusetzen.
Die Nichteinhaltung der gebotenen Sorge ist nicht mit Verschulden gleichzusetzen. ©Gerty Lang
Dornbirn/Lustenau (lag) - Mit abstrakt möglichen Gefahren muss ein erfahrener Kfz-Lenker nicht rechnen.

Im Oktober 2014 fuhr der beklagte Fahrradfahrer frühmorgens entlang der L203 in Lustenau, die beidseits über einen gesonderten Radfahrstreifen verfügt, nordwärts. Dann passierte es. Der Jaguar-fahrende Kläger war im Begriff, von der benachrangten Straße „Am Damm“ in die bevorrangte L 203 in Richtung Süden einzubiegen. War zu wenig Aufmerksamkeit im Spiel? Auf jeden Fall konnten beide nicht mehr rechtzeitig bremsen und der Radler beschädigte durch die Kollision den Jaguar ganz leicht an der vorderen Stoßstange. Am Fahrrad entstand kein Schaden und auch dem Pedalritter ist nichts passiert. Mit der Ende März 2015 eingebrachten Klage begehrt nun der Kläger vorschussweise den Ersatz der Reparaturkosten für die Stoßstange in Höhe von rund 900 Euro. „Das Verschulden trifft alleine den Radfahrer, da dieser in der falschen Richtung unterwegs war“, brachte der Klagsvertreter vor Richter Walter Schneider vor. Und ergänzt noch, dass der Radler in „drogenberauschtem“ Zustand unachtsam zwischen einer Kolonne befindlichen Lkw hindurch von der Gegenfahrbahn her die Fahrbahnseite habe wechseln wollen. „Deshalb konnte mein Mandant auch nicht kollisionsverhindernd reagieren.“

Augenschein durchgeführt

Beweise wurden aufgenommen und ein Augenschein durchgeführt. Der Fahrradstreifen biegt im Verlaufe der Strecke von der L 203 weg nach links auf den Rheindamm hinauf. Für die Benützer dieser Radfahranlage ist signalisiert, dass ein Geradeausfahren in den entgegenkommenden Radfahrstreifen entlang der L 203 nicht zulässig ist. Das wurde von dem damals fahrtauglichen, sich auf dem Weg zur Arbeit befindenden Beklagten ignoriert. Erst nach 20 oder 30 Meter wollte er die Fahrbahnseite wechseln. Sichtbehinderung und langer Vorbau des Jaguars führten zur Kollision.

Nur eine Zigarette

Der Kläger behauptete, dass er nach dem Unfall beim Beklagten deutliche Anzeichen wegen vorangegangenem Drogenkonsum wahrgenommen hätte. „Ich bin in der Modelbranche tätig und habe schon öfters Models mit ebenfalls weit geöffneten Pupillen gesehen.“ Auch habe er die Polizei unmittelbar nach dem Unfall informiert, dass der Unfallgegner unter Drogen stehen würde. „Aber das hat die Polizei überhaupt nicht interessiert.“ „Ich habe lediglich ein Zigarette ‚gewuzelt‘, jedoch ohne verbotene Substanzen“, sagte der Beklagte.

Nur eine Version stimmt

Der Richter schien den verschiedensten Angaben des Klägers wenig Glauben zu schenken. „Die Wahrnehmungsfähigkeit des Beklagten war wesentlich besser als Ihre. Und er ist auch der Einzige, der den Unfallhergang richtig schildern konnte“, wies der Vorsitzende den Kläger auf den Umstand hin.

Auch der Sachverständige Klaus Lang war der Ansicht, dass lediglich die Version des Beklagten stimmen konnte, „da einzig diese mit dem Schadensbild am Klagsfahrzeug zusammenpasst.“ „In diesem Fall ist jedoch von einem groben Verschulden des Radfahrers auszugehen, da dieser keine allzu besondere Reaktionsfähigkeit an den Tag gelegt hat. Eine Haftungsteilung im Ausmaß von 2:1 zu Lasten des Beklagten erscheint demnach gerechtfertigt.“

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