In der CSU eskaliert die Krise um den bayerischen Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden Edmund Stoiber. Auslöser ist dessen Ankündigung, nach der Landtagswahl 2008 auf jeden Fall bis 2013 amtieren zu wollen. Nach übereinstimmenden Medienberichten steht die kommende Woche für Stoiber geplante Solidaritätserklärung auf der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Kreuth auf der Kippe. Der Münchner Merkur berichtete, die Stimmung in der Fraktion drehe sich gegen Stoiber. Auch die Süddeutsche Zeitung schrieb unter Berufung auf ungenannte CSU-Abgeordnete, in der Landtagsfraktion herrsche Entsetzen über Stoibers Ankündigung.
Der Münchner Merkur zitierte ein namentlich nicht genanntes Führungsmitglied der Landtagsfraktion: Inzwischen will die Mehrheit der Kollegen einen Wechsel des Ministerpräsidenten noch vor 2008. Für die Abgeordneten werde es immer schwerer ihre Unterstützung an der Parteibasis zu verkaufen: Da wird die Luft eng.
Stoiber sagte der Zeitung auf seine Ankündigung angesprochen, er sei für gut gemeinte Ratschläge immer offen. Er fügte hinzu: Ich kenne meine Verantwortung für Bayern und meine Partei und werde immer danach handeln. Das werde ich nächste Woche bei meinen Kollegen und Freunden aus dem Landtag auch sehr deutlich machen.
Den Zeitungsberichten zufolge hatte die Fraktionsführung am Mittwochabend überraschend beschlossen, dass sie den Abgeordneten bei der Klausur keine Vorgaben machen wolle und eine Abstimmung offen lasse. Der Merkur zitierte Fraktionschef Joachim Herrmann mit den Worten: Das Präsidium hat eigentlich schon alles gesagt, was es zu sagen gibt.
Die SZ zitierte ein ungenanntes Mitglied des CSU-Präsidiums, mit der jüngsten Erklärung Stoibers sei alles unendlich schwierig geworden. Die CSU stehe jetzt vor einem Riesenproblem, weil Stoibers Ankündigung gegen alle Erwartungen gewesen sei. Einen namentlich nicht genannten maßgeblichen Landtagsabgeordneten zitierte die Zeitung mit den Worten: Wir sind entsetzt. Stoibers Ankündigung sei Schwachsinn und nach dessen Weigerung, sofort mit seiner Kritikerin Gabriele Pauli zu sprechen, der zweite großer Fehler des Parteichefs. Auch Stoiber wohlgesonnene CSU-Politiker hätten verärgert auf Stoibers Erklärung reagiert und diese als nicht besonders clever gewertet.
Mehrere CSU-Landtagsabgeordnete aus Franken forderten in der SZ eine offene Aussprache über Stoibers Zukunft. Da muss man schauen, ob ein Neuanfang möglich ist, oder ob es Stoiber ist, der uns den Erfolg bringt, sagte der Bayreuther Abgeordnete Walter Nadler.
Sein Nürnberger Fraktionskollege Hermann Imhof erklärte: Selbst wenn Stoiber 2008 wieder antritt, heißt das aber längst nicht, dass er bis 2013 im Amt bleibt. Imhof stellte sich hinter Paulis Forderung nach einer Mitgliederbefragung: Es wäre ein Akt menschlicher Größe und ein Dienst an der Demokratie, wenn sich Stoiber der Diskussion an der Basis stellen würde, sagte Imhof. Er muss jetzt seine Ambitionen dem Wohl des Ganzen unterordnen. Der aus Forchheim stammende Abgeordnete Eduard Nöth forderte, die Entscheidung über eine weitere Spitzenkandidatur Stoibers zu verschieben. Jetzt sei die Situation zu aufgeladen und emotional.
Stoiber lenkt in CSU-Führungskrise ein und lässt Amtszeit offen
In der eskalierten Führungskrise der CSU hat Bayerns Ministerpräsident und Parteichef Edmund Stoiber eingelenkt. Er ließ erkennen, dass er bei einer Wiederwahl 2008 möglicherweise nicht die gesamte Legislaturperiode bis 2013 amtieren werde. Ich kenne doch meine Verantwortung für Bayern und die CSU und danach werde ich immer handeln, sagte Stoiber (65) am Donnerstag in einem dpa-Gespräch. Zugleich stellte sich Stoiber klar als Spitzenkandidat zur Verfügung und kündigte an, dass die letzte Entscheidung darüber die Partei treffen werde.
Was die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2008 angeht, stelle ich mich auch dem Votum unseres Parteitags, sagte er. Die Partei führt den Wahlkampf und wird auf unserem Parteitag darüber entscheiden. Stoiber warb auch um die Rückendeckung der mächtigen CSU-Landtagsfraktion, von der er sich trotz des jüngsten Widerstands ein positives Signal erhofft.
In der andauernden Führungskrise der CSU hatte Stoiber am Dienstag mit der Ankündigung, er mache keine halben Sachen Unmut in der CSU- Fraktion ausgelöst. Dies wurde so verstanden, als wolle er auf jeden Fall bis 2013 amtieren. Jetzt relativierte Stoiber seine Worte und sagte mit Bezug auf seine Verantwortung: Dazu gehört natürlich auch, dass ich zum richtigen Zeitpunkt gemeinsam mit meinen Parteifreunden meinen Beitrag für eine verantwortungsvolle Zukunft in den Ämtern an der Spitze des Landes und der Partei leisten werde.
Damit wolle er die schiefe Diskussion über die nächste Legislaturperiode beenden, sagte Stoiber. Eine solche Diskussion ist in der Sache völlig unbegründet. Er sehe sich dabei auch in voller Übereinstimmung mit Landtagspräsident Alois Glück (CSU), der erklärt hatte, dass der Ministerpräsident für eine ganze Legislaturperiode gewählt werde und jetzt von Überlegungen über einen früheren Wechsel nichts zu halten sei. Stoiber ist seit 13 Jahren im Amt.
Bei der Klausur der CSU-Landtagsfraktion kommende Woche in Kreuth will Stoiber um Zustimmung für die gemeinsame politische Arbeit werben. Über eine Rückendeckung für den Kurs auf die Wahlen 2008 durch meine Fraktion, die das Kraftzentrum der CSU in Bayern ist, würde ich mich freuen. Zusammen mit dem Beschluss des CSU-Präsidiums und der Unterstützung der CSU-Landesgruppe in den vergangenen Tagen wäre das nach Worten Stoibers ein positives Signal.