Ruperta ist schwach auf den Beinen, die Haltung schlecht. Vor ein paar Wochen war sie fast nur noch ein trauriges dickhäutiges Skelett, sie hatte nach Aussagen von venezolanischen Veterinären fast 2.000 Kilogramm verloren. Die Bilder gingen um die Welt, peinlich für die regierenden Sozialisten. Ruperta wurde zur Staatsaffäre. Präsident Nicolas Maduro will eine Hungesnot nicht wahrhaben, spricht von erfundenen Märchen – und seither scheint die 47-jährige Elefantenkuh wieder an Gewicht zuzulegen.
Ein Besuch in Zoo wird zum Gruseltrip
Es spricht für die Absurdität der multiplen Krise im Land mit den größten Ölreserven der Welt, dass auch der letzte Elefant von Caracas zum Politikum geworden ist. Es dauert, bis ein Fahrer gefunden ist, der sich traut, in den Zoo Caricuao zu fahren, der sich in einer der unsichersten Gegenden befindet. Die Szenerie wirkt einem Horrorfilm entsprungen. Es geht durch ein Tor, eine lange Einfahrt entlang, kein Mensch weit und breit, ein idealer Ort für komische Begegnungen.
Ein Leben zählt hier in Krisenzeiten nicht mehr viel, schon für eine Kamera wird getötet. Der Parkplatz ist überwuchert, vier andere Autos parken hier. Der Eingang zum Zoo: Keine Kassa, Müll fliegt herum, verrostete Schilder vor den Gehegen. Für einen Besuch mit Kindern ist das wenig einladend. Man wird beobachtet, keine Polizei.
Aasgeier warten schon auf tote Zootiere
Die Unsicherheit, der Nahrungsmangel, die Verschwörungstheorien der Sozialisten – der 630 Hektar große Zoo bietet ein Spiegelbild des Venezuela-Dramas. Zwei kraftlose Büffel liegen träge in der Sonne, über ihnen sitzen Hunderte schwarze Geier in den Bäumen, einer hat es sich direkt vor einem Büffel auf der Erde bequem gemacht. Sie warten geduldig auf große Beute. Ein paar aggressive Affen laufen auf der Wiese herum, völlig abgemagert. Die Bäume kahl, die Wiese braun, kaum Menschen. Das Bison ist verdreckt, der Körper eingefallen, es kann kaum noch aufstehen.
Und dann fällt der Blick unten auf das Gehege von Ruperta, eine afrikanische Elefantenkuh. Als die traurigen Bilder von ihr die Runde machten, brach eine Welle der Entrüstung los. Auch die Tochter von US-Poplegende Michael Jackson, Paris Jackson, forderte rasche Hilfe. “Das ist inhuman”, twitterte Jackson. Veterinäre in Venezuela sehen Mangelernährung und eine schwere Durchfallerkrankung als Grund für den Gewichtsverlust – die Opposition diente es als Beweis für den Kollaps des Landes nach 18 Jahren “Sozialismus des 21. Jahrhunderts”.
Ruperta steht in ihrem traurigen Terrain, kein Baum spendet Schatten, sie stützt sich auf dem Rüssel ab. Plötzlich taucht wie aus dem Nichts in einem neongelben Shirt ein junger Mann auf, Guillermo heißt er. Er ist Vertreter der Stiftung “La Esencia de lo Posible”, “Die Essenz des Möglichen”. Er wirkt wie ein Propagandabeauftragter.
Zoo will Mangelernährung nicht zugeben
Ob man denn auch die Geschichten über den Elefanten gehört habe? “Das mit der Unterernährung ist falsch”, sagt er. “Es wird hier versucht, Ruperta politisch zu instrumentalisieren.” Ja, warum hat sie denn dann so dramatisch an Gewicht verloren? “Ein Leberschaden.”
Dutzende Bürger und Künstler sammelten nach Bekanntwerden des Dramas Nahrung und brachten sie zum Zoo. Doch der lehnte die Annahme ab. Das wäre das Eingeständnis, dass auch für die Tiere nicht mehr genug zu Essen da ist. Ein Elefant isst rund 40 Kilogramm pro Tag. Inflation und Misswirtschaft lassen das Land kollabieren. Maduro, der mit eiserner Hand regiert, wetterte im Fernsehen gegen eine “Show der sozialen Netzwerke” in Sachen Ruperta – seine Erklärung: “Unsere liebe Elefantin Ruperta ist halt in einem fortgeschrittenen Alter.”
Am Ende erhielt die Elefantin tierärztliche Behandlung
¡Por fin! La elefante Ruperta recibió atención veterinaria por parte de Inparques https://t.co/u9FlDyoF3M pic.twitter.com/0i8nFbFPK3
— V•Shenko