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„Viel Genießbares wird entsorgt!“

In Wien werden täglich so große Mengen an Brot weggeworfen, wie in Graz verbraucht werden.
In Wien werden täglich so große Mengen an Brot weggeworfen, wie in Graz verbraucht werden. ©MiK
Ein neues Gesetz in Frankreich verbietet Supermärkten das Wegwerfen von Lebensmitteln. Das mit Abstand meiste Essen wird aber in Haushalten entsorgt.

Aktuell werden in der EU jährlich rund 90 Millionen Tonnen genießbare Lebensmittel weggeworfen, das sind 179 kg pro Kopf, die Tendenz ist steigend. Wenn dieser Trend anhält, rechnet die WKO damit, dass diese Zahl im Jahr 2020 auf insgesamt 126 Tonnen anwächst. Die französische Regierung hat, um die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen vor Kurzem ein Gesetz auf den Weg gebracht, das großen Supermärkten die Entsorgung von Lebensmitteln untersagt. W&W hat mit Dr. Bernhard Zainer, Leiter der amtlichen Lebensmittelkontrolle, über die Situation in Vorarlberg gesprochen. Seiner Einschätzung nach sind die Märkte im Ländle auf einem guten Weg, was für den Experten nur ein Grund ist, eine entsprechende gesetzliche Vorgabe abzulehnen. „Wir haben mit ,Tischlein deck dich‘ eine sehr gute Organisation, die eng mit den Märkten im Ländle zusammenarbeitet. Auch den Bauern aus der Region werden teilweise nicht mehr verkäufliche Obst- oder Gemüsebestände als Futtermittel zur Verfügung gestellt“, erklärt Zainer. „Letzteres ist allerdings per Definition mit Wegwerfen gleichzusetzen, da die Lebensmittel ja einem anderen Zweck, als dem ursprünglichen zugeführt werden“, fügt er hinzu.

42 Prozent aus Haushalten

Eine gesetzliche Regelung lehnt der Experte jedoch ab: „Meiner Meinung nach wäre so eine Regelungswut ein störender staatlicher Eingriff. Gezielte Bewusstseinsbildung und der Appell an die Verantwortung der Konsumenten kann viel mehr bewirken“, ist er überzeugt. Der Löwenanteil an entsorgten Lebensmitteln kommt nämlich nicht aus dem Handel, sondern aus den Haushalten. 42 Prozent der verschwendeten Lebensmittel werden hier weggeworfen. „Oft werden Lebensmittel, die über dem Mindesthaltbarkeitsdatum sind, sogar ungeöffnet weggeworfen. Es passieren grauenhafte Fehler und viel Genießbares wird unnötig entsorgt.“

„Ansehen und riechen“

„Mindesthaltbarkeitsdatum sagt schon klar, dass die Lebensmittel in der Regel länger halten. Produzenten achten auch auf entsprechende Zeitpuffer“, erklärt Zainer. „Wichtig ist, dass man vor dem Wegwerfen das Produkt öffnet, es ansieht und daran riecht. Ungenießbare Lebensmittel riechen so gut wie immer unangenehm – so schützt uns der Körper vor dem Verzehr. Wir müssen lernen, den eigenen Sinnen zu vertrauen.“ Auch der Kauf von Großpackungen sei oft nur auf den ersten Blick billiger: „Diese sind nur dann sinnvoll, wenn man sie auch komplett aufbraucht“, sagt der Experte.

Ab morgen im Kino: „Wie werden wir alle satt?“

Bis 2050 wird die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden Menschen anwachsen. Doch wo soll die Nahrung für alle herkommen? Kann man Fleisch künstlich herstellen? Sind Insekten die neue Proteinquelle? Oder baut jeder bald seine eigene Nahrung an? Regisseur, Bestseller- Autor und Food-Fighter Valentin Thurn sucht in seinem neuen Dokumentarfilm „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt“ (QR Code führt zum Trailer) weltweit nach Lösungen.

STATEMENTS

„Wir spenden, was noch in Ordnung ist“

Gerhard Ritter, GF Spar Vorarlberg: „Generell sind wir der Meinung, dass man nicht alles gesetzlich reglementieren sollte. Wir arbeiten seit der Gründung von ,Tischlein deck dich‘ eng mit der Organisation zusammen. Lebensmittel, die zum Verkauf nicht mehr geeignet, aber qualitativ noch in Ordnung sind, werden gespendet. Der Anteil an Artikeln, die nicht mehr verkauft werden können, macht – inklusive der Spenden an ,Tischlein deck dich‘ – nur etwa ein Prozent des Gesamtvolumens aus.“

„Werfen niemals Lebensmittel weg“

Katharina Rehm, Pressesprecherin Sutterlüty: „Wir werfen bei Sutterlüty niemals Lebensmittel weg, sind schon lange Partner von ,Tischlein deck dich‘ und geben nicht mehr verkäufliches Obst und Gemüse auch an Bauernhöfe in der Region ab. Bei frischen Produkten können wir außerdem mit Hilfe unserer Gusto Restaurants reagieren, wenn z.B. ein Sack Karotten nicht mehr verkauft werden kann, weil eine darin faul ist. Auch kennzeichnen wir Lebensmittel, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum sind, mit -50 oder -25 Prozent-Klebern mit der Aufschrift ,Lebensmittel sind kostbar‘. Diese Produkte sind absolut einwandfrei.“

„Sorgsamer Umgang mit wertvollem Essen“

Günther Helm, Generaldirektor Hofer KG: „Für uns steht der sorgsame Umgang mit wertvollem Essen an oberster Stelle. Daher setzen wir eine Reihe an Maßnahmen, um Überschüsse in den Hofer-Filialen auf ein absolutes Mindestmaß zu reduzieren. Falls es trotz dieser Maßnahmen dennoch zu Lebensmittelüberschüssen in den Filialen kommt, so stellen wir diese Tafelorganisationen bzw. Landwirten zur Verfügung.“

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