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Vollgas-Rock und Leichenbilder: Westernhagen irritierte seine Fans

Marius Müller-Westernhagen Dienstagabend im Museumsquartier.
Marius Müller-Westernhagen Dienstagabend im Museumsquartier. ©APA
Bei seinem Konzert im Wiener Museumsquartier übernahm sich der deutsche Musiker Marius Müller-Westernhagen zu Beginn. Erst gegen Ende des Auftritts sprang der Funke auf die Fans über.

Zuviel des Guten: Marius Müller-Westernhagen irritierte sein Publikum Dienstagabend im Wiener Museumsquartier mit Hintergrund-Schockbildern, begleitet von kriegs- und politikkritischen Rocksongs, deren Texte live allerdings kaum verständlich waren. Am Ende war dann aber konzertmäßig alles wieder gut: Der 66-Jährige rockte mit toller Band, die Fans sangen bei Altbekanntem kräftig mit.

Eine Hintergrundleinwand mit alten Zeitungsbildern von Leichen, triumphierenden Kindersoldaten, die abgeschlagene Köpfe präsentieren, toten Tieren und haufenweise menschlichen Knochen – das alles als “Stilmittel” bei einem Rockkonzert: Das hat im ersten Drittel des Konzertes einfach nicht funktioniert. Umso mehr, als Westernhagen der Quasi-Apokalypse wenig später etwa einen Song wie “Willenlos” – eine augenzwinkernde Macho-Chronologie diversester “Aufrisse” – folgen ließ. Und dazwischen das ebenso von jedem Tiefgang befreite “Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz” samt Sing-Along-Text am Screen darbot – und dann auch noch kurz darauf dem immer noch sichtlich irritierten Publikum in der gut gefüllten Halle E des MQ die Frage “Habt ihr Spaß?” entgegenbrüllte.

Publikum erst irritiert, dann begeistert

Die – später weniger grausamen – Collagen des US-Fotografen und -Künstlers Peter Beard, die da im Hintergrund abliefen, waren in sich trotz allem stimmiger als die Song- und Stimmungscollagen des Rockstars in Summe. Und irgendwie blieb natürlich auch die Glaubwürdigkeit der beinharten Kritik in diesem Programm-Mischmasch auf der Strecke – da stand doch nur ein deutscher Kopf-Mensch mit fallweisen Herz-Beschwerden auf der Bühne, der mit mäßigem Erfolg versuchte, glaubhaft zu versichern, dass er viele Dinge scheiße findet.

Der Wendepunkt kam mit der Uralt-Ballade “Weil ich Dich liebe” (1989): Plötzlich sprang der Funke wirklich über, die Fans sangen bewegt mit. Ab dann gab’s viele Hits – vom eindringlichen “Freiheit” über “Schweigen ist feige”, dem fetzigen “Sexy” bis hin zu “Wir haben die Schnauze voll” aus dem Williamsburg-Album von 2010. Das funktionierte prächtig: Augenzwinkern, Ironie und Zynismus in den oft überdrehten Texten, Vollgas-Rock in der Musik. Ganz zuletzt setzte sich Marius Müller-Westenhagen noch mit seinen beiden Gitarristen rein akustisch vors Publikum und intonierte seine ebenfalls schon “historische” Liebeserklärung an “Johnny Walker” von 1978. Wer also nächstens irritiert bis befremdet aus einem musikalisch tollen Konzert raustaumeln will: Ab zu Westernhagen!

(APA, Red.)

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