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Vorarlberger Spuren im reformierten Lindau

Mit großem Engagement erläutert Stadtarchivar Heiner Stauder die spannende Geschichte der Reformation in Lindau.
Mit großem Engagement erläutert Stadtarchivar Heiner Stauder die spannende Geschichte der Reformation in Lindau. ©Bernhard Tost
 Geistliche aus Vorarlberg predigten in Lindau im reformatorischen Sinne.
Reformation in Lindau - VHS Hohenems

Hohenems. (bet) Unter der bestens durch Agnes Jäger organisierten Fahrt der VHS Hohenems begaben sich die Teilnehmer entlang eines Geschichtspfads auf die Spuren der Reformation in Lindau um in diese bewegte Epoche der Lindauer Vergangenheit einzutauchen. „Im südwestlichen deutschen Sprachraum fasste die Reformation bereits früh Fuß. In Lindau predigt der Franziskanermönch Michael Hug bereits seit 1523 reformatorisch, der Rat der Stadt stützt mit ihm noch weitere reformatorische Prediger. 1528 lösen die Franziskaner ihr Lindauer Kloster auf. Beim Reichstag 1530 in Augsburg unterzeichnet Lindau nicht das Augsburger Bekenntnis, sondern, zusammen mit Straßburg, Konstanz und Memmingen, die “Confessio Tetrapolitana” – Vierstädtebekenntnis – die sich an dem Reformator Ulrich Zwingli orientiert. Zwei Jahre später schließt sich die Stadt dem Augsburger Bekenntnis an“, mit diesen Worten leitet Stadtarchivar Heiner Stauder die historische Führung zu 500 Jahre Reformation in Lindau ein.

Erst Zwingli dann Luther

Die Einführung der Reformation, insbesondere der Wechsel vom Zwinglianismus zur lutherischen Lehre ist aufgrund von Überlieferungslücken zeitlich nicht exakt auszumachen. Durch die beiden in Wittenberg studierenden Pirmin Gasser aus Lindau und Urbanus Rhegius aus Langenargen wurden dem Mönch Michael Hug die Schriften Luthers überbracht mit dessen Gedankengut er sich intensiv auseinandersetzte. Zwangsläufig brachte dieses Engagement für die neue Lehre Konflikte mit den altkirchlichen Kräften mit sich, die geradezu in dem Inhaber der Stephanspfarrei, Johann Fabri (Faber) (Bischof von Wien 1530-1541) personifiziert waren, der seit 1518 auch Generalvikar des Bischofs von Konstanz und seit 1521 erklärter Gegner der Reformation war. Die folgende Auseinandersetzung um die Person Hugos zwischen Fabri und der Stadtobrigkeit ist beispielhaft für die Situation, die die Grundlage für das nachhaltige Eindringen der Reformation in der Reichsstadt bildete. Einerseits war sie gekennzeichnet durch Pomp, Pfründehäufung und Verweltlichung der Geistlichkeit andererseits durch Volksfrömmigkeit, Armutsideal der predigenden Bettelmönche und dem Ruf nach sozialen Reformen.

 Sigmund Rötlin wird Vikar

Da der Pfründeinhaber Fabri zwangsläufig seinen Pflichten als Stadtpfarrer nicht nachkam und Lindau während der Pestjahre 1519 und 1524 trotz mehrfacher Aufforderung seiner seelsorgerischen Aufgaben fernblieb, arbeitete er unabsichtlich der Reformation in die Hände. 1522 hatte er mit Zustimmung des Rats den in der Stadt sehr beliebten Franziskanermönch Siegmund Rötlin aus Bregenz als Vikar eingesetzt, der sich jedoch zunehmend als überzeugter Anhänger Zwinglis entpuppte. Auf die Aufforderung der Stadt, die Pfarrei an Rötlin zu übergeben reagierte Fabri mit der Amtsenthebung Rötlins, was die Situation noch weiter polarisierte. Die damit erzwungene Entscheidung des Rats fiel zugunsten Rötlins aus, der bis zu seinem Tod 1525 im Amt blieb.

 Flucht nach Lindau

Im November 1524 musste der in Bludenz geborene Thomas Gassner, der in Wien studiert hatte, anschließend in seiner Heimatstadt Kaplan am Dominikanerkloster St. Peter war, und in Hohenems als Pfarrer predigte, auf Grund seiner reformatorischen Tätigkeit seinen Posten aufgeben und nach Lindau flüchten. Seine Trauung mit der katholischen Stiftsdame Katharina von Ramschwag 1527 war eine Provokation. Ähnliches gilt für den Feldkircher Jeremias Lins, der 1527 nach Lindau kam, und ebenfalls das Amt des „Prädikanten“ ausübte. Dieser hatte in Freiburg studiert, war Priester des Johanniterordens und predigte in Tisis ab 1523 so zwinglianisch, dass er nach mehreren Zusammenstössen mit seinen Vorgesetzten diesen Posten aufgab und nach Lindau übersiedelte.

Reformator Lindaus

Nach dem frühen Tod der ersten Reformatoren Hugo und Rötlin übernahm Thomas Gassner, die kirchlich –theologische Führung der Stadt. Er ist als der eigentliche Reformator Lindaus anzusehen. Die zwinglianische Tendenz der Lindauer Reformation ist neben der theologischen Argumente des Schweizers sicher auch in der geografischen Nähe Zürichs zu sehen und hierbei auch im Bemühen Zwinglis um die oberdeutschen Städte. Politisch gesehen, versuchte er Brückenköpfe gegen Österreich zu bilden, wobei er sich besonders um Stassburg, Konstanz und Lindau bemühte.

Protestantische Strenge

In Lindau machte man sich rasch an den inneren Ausbau der Reformation. „1533 wurde eine Zucht- und eine Armenordnung erlassen, die das öffentliche Leben in einem streng protestantischen Sinne regeln sollte. Die härteste dieser Maßnahmen war zweifellos die Abschaffung der Messe im Stift und den dazugehörigen Gemeinden auf dem Festland, was 1534 und 1538 beinahe zu einer militärischen Aktion gegen Lindau geführt hätte, aber beide Male nach der Bündniszusage des „Schmalkandischen Bundes“ wegen der zu großen Gefahr eines allgemeinen Krieges unterblieb“, erläutert Heiner Straub das damalige Geschehen.

 

 

 

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