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Vorstrafentilgung nach Homosexuellen-Paragraf nur auf Antrag

Homosexuellenaktivist Graupner kritisiert Justizministerium
Homosexuellenaktivist Graupner kritisiert Justizministerium
Das Justizministerium plant, Vorstrafen aufgrund des mittlerweile aufgehobenen "Homosexuellen-Paragrafen" nur auf Antrag zu tilgen. Der Strafrechtsparagraf 209 hatte für gleichgeschlechtliche Beziehungen eigene Schutzalter vorgesehen. Eine automatische Löschung soll laut Justizministerium nicht kommen, wie der "Standard" berichtete. Kritik kommt von Homosexuellen-Vertretungen.


Der Paragraf 209 hatte für gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Männern ein Schutzalter von 18 Jahren vorgesehen, unter Frauen 14 Jahre. Nach Kritik des Verfassungsgerichtshofs wurde er 2002 aufgehoben und durch eine neue Bestimmung ersetzt. Paragraf 207 b regelt seither den “Missbrauch von Jugendlichen”. 2013 wurde Österreich vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EMGR) verurteilt, da Vorstrafen nach der alten Bestimmung faktisch nicht aus dem Register gelöscht werden konnten.

Laut Christian Pilnacek, Leiter der Strafrechtssektion im Justizministerium, ist nun die Einführung eines neuen Verfahrens vor Einzelrichtern für die 211 Betroffenen geplant. Auf deren Antrag soll über die Tilgung der Vorstrafen entschieden werden. Ein Automatismus sei nicht geplant. Diese Verfahrenslösung sei notwendig, da ausgeschlossen werden solle, dass Vorstrafen von Personen, die neben Mindestalter-Verstößen etwa auch Missbrauchsdelikte setzten, gestrichen werden, argumentiert man im Ressort von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP).

Kritik an diesem geplanten Prozedere kommt vom Wiener Anwalt und Homosexuellenaktivist Helmut Graupner. Für ihn ist ein solches Vorgehen nicht akzeptabel. Der EGMR verlange die Tilgung der Vorstrafen, nicht die Einführung einer neuen diesbezüglichen Entscheidungsinstanz. Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser kritisierte den Umstand, dass seit dem EMGR-Urteil mittlerweile eineinhalb Jahre vergangen sind.

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