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Wien verschärft Bewilligungsverfahren für private Kindergärten

Die Regeln für private Kindergärten in Wien werden strenger.
Die Regeln für private Kindergärten in Wien werden strenger. ©APA/Harald Schneider (Symbolbild)
Die Stadt Wien reagiert auf die Kritik nach Problemen mit privaten Kindergärten. Trotz der Islam-Debatte soll der konfessionelle Hintergrund aber weiter nicht erhoben werden.

Nach wiederholten Problemen mit privaten Kindergärten verschärft die Stadt Wien demnächst die Bewilligungsverfahren. Vor allem in finanziellen Belangen will man potenziellen Betreibern künftig schon im Vorfeld genauer auf die Finger schauen. Einen verstärkten Fokus auf den konfessionellen Hintergrund wird es aber – trotz regelmäßiger Debatten um Islam-Kindergärten – vorerst nicht geben.

“Ziel ist es, schon am Beginn genau zu schauen, damit Träger erst gar nicht an den Start gehen, die nicht ordentlich arbeiten”, umriss Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorzsky (SPÖ) am Mittwoch vor Journalisten die Gründe für die für Herbst geplante Gesetzesänderung. Teil des Pakets ist zudem eine höhere Ausbildungspflicht für Kindergartenleiterinnen. Das Kontrollpersonal der zuständigen Magistratsabteilungen 10 und 11 wird außerdem aufgestockt – von derzeit 32 auf 39 Mitarbeiter.

Welche konkreten Schritte im Bereich der umstrittenen sogenannten islamischen Kindergärten gesetzt werden, ließ der Ressortchef heute offen. Er verwies auf die von Stadt und Integrationsministerium gemeinsam beauftragte Studie, die im September vorliegen und dann als Grundlage für weitere Handlungen dienen soll.

Kindergärten: “Einen Platz für schwarze Schafe gibt es nicht”

Jeder problematische Kindergarten in Wien sei einer zu viel und müsse geschlossen werden. “Einen Platz für schwarze Schafe gibt es nicht”, versicherte Czernohorszky. Die Prüfung des pädagogischen Konzepts des Betreibers wird künftig um wirtschaftliche Aspekte ergänzt. Mit dem Verfassungsschutz will die Stadt zudem stärker kooperieren. Die konfessionelle Ausrichtung wird weiterhin nicht erhoben.

Die Neuerungen im Detail: Derzeit muss ein Betreiber im Zuge des Bewilligungsverfahrens ein pädagogisches Konzept vorlegen, das den Vorgaben des Wiener Bildungsplans zu entsprechen hat. Mit der geplanten Novelle ist der Antragsteller verpflichtet, dieses persönlich nicht nur dem Magistrat, sondern auch einem Fachgremium sowie den Eltern vorzustellen bzw. transparent zu machen.

Businessplan und Auslastungsprognose gefordert

Eingefordert werden in Hinkunft auch die Vorlage eines Businessplans inklusive Prognose der Auslastung. Ist der Antragsteller in der Vergangenheit schon einmal in die Insolvenz geschlittert, gilt das nunmehr als Ausschließungsgrund. Sprich: Die Bewilligung wird verweigert. Der Grund für das vermehrte Interesse an der monetären Situation: Oft würden wirtschaftliche Probleme Hand in Hand mit mangelnder Qualität der Betreuung gehen, so der Stadtrat.

Um die Kompetenzen der jeweiligen Kindergartenleitung in Sachen Management und Führung zu erhöhen, wird eine Zusatzausbildung von 100 Stunden verpflichtend vorgeschrieben. Wobei große private Träger dieser Qualifizierung schon jetzt freiwillig nachkommen würden, hieß es.

Um den potenziellen Kindergarten-Gründer besser beurteilen zu können, will man den Verfassungsschutz vermehrt um Auskünfte bitten. Derzeit frage man nur nach erfolgten Verurteilungen. Künftig wird es der Stadt dank geänderter gesetzlicher Grundlagen auch möglich sein, sich zu erkunden, ob Verfahren anhängig oder in der Vergangenheit Freisprüche oder Einstellungen erfolgt sind. Dabei geht es “um alle Delikte, die geeignet sind, das Kindeswohl zu gefährden”, erklärte die stellvertretende MA 11-Chefin Michaela Krejcir. Als Beispiele nannte sie Sexual-, Drogen- oder Gewaltdelikte.

Religiöse Ausrichtung wird nicht erhoben

Unverändert bleibt allerdings, dass die religiöse Ausrichtung einer Wiener Kindergarteneinrichtung nicht explizit erhoben wird. Wenn ein Betreiber das Ziel habe, konfessionelle Inhalte – egal ob christliche oder islamische – zu vermitteln, müsse das sowieso im pädagogischen Konzept angeführt werden. Dieses enthalte die maßgeblichen Anhaltspunkte für die laufenden Kontrollen, argumentierte der Stadtrat.

Apropos: Im Jahr 2016/17 wurde laut Czernohorszky 31 Einrichtungen die Bewilligung entzogen beziehungsweise die Förderungen gestoppt. Insgesamt wurden 3.153 Kontrollen durchgeführt. Wie viele von den geschlossenen Kindergärten islamischen Hintergrund hatten, könne sie nicht beantworten, sagte Krejcir mit Verweis auf die schon erwähnte fehlende Erhebung. Sicher sei aber, dass in keinem Fall der Betreiber “islamisch radikalisiert hat”.

“Schauen wir uns das Thema explizit an”

Erst kürzlich war in Wien erneut die Debatte um sogenannte Islam-Kindergärten entbrannt, nachdem der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz zuerst die Schließung aller derartigen Standorte und nachfolgend strengere Vorgaben gefordert hatte. Czernohorszky hatte dies als “Wahlkampftaktik” kritisiert und sich verwundert über die Kurz’schen Vorschläge noch vor Vorliegen der gemeinsam beauftragten Studie gezeigt.

Heute bekräftige der Ressortchef, dass die Ergebnisse – sie werden für September erwartet – von ihm sehr ernst genommen und als Auftrag für die dann nötigen Schritte gelten würden: “Das Ziel der Studie ist ja: Schauen wir uns das Thema explizit an.” Die am Sonntag erfolgte Gesprächseinladung, um die Vorschläge des Integrationsministers dennoch gemeinsam zu diskutieren, sei Kurz übrigens bisher nicht nachgekommen, sagte Czernohorszky.

Das sagt die ÖVP zu den Verschärfungen

Der ÖVP gehen die am Mittwoch angekündigten Verschärfungen der Stadt Wien in Sachen Bewilligungsverfahren für private Kindergärten nicht weit genug. Landesparteichef Gernot Blümel sprach zwar von kleinen wichtigen Schritten, dies sei aber zu wenig: “Die wichtigste Maßnahme fehlt: Nämlich, dass endlich der konfessionelle Hintergrund von Kindergartenbetreibern erhoben und vor allem geprüft wird.”

Blümel kritisierte die “Scheinlösungen” gerade im Hinblick auf die – von den Schwarzen seit längerem in Beschuss genommenen und in der heutigen Gemeinderatssitzung zudem via Dringlicher Anfrage thematisierten – islamischen Kindergärten. Die von Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) zuvor angekündigte Aufstockung des Kontrollpersonals auf künftig 39 Mitarbeiter reicht Blümel ebenfalls nicht. Er wünscht sich 100 Kontrolleure – denn immerhin leiste sich Wien 500 Personen, die parkende Autos überprüfen.

“Nicht weitreichend genug” nannte auch NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger die für Herbst geplante Gesetzesnovelle. “Die wahren Probleme wurden weiterhin verkannt, die pädagogische Qualität dieser ersten und wichtigsten Bildungseinrichtung ist nach wie vor nicht im Fokus der Kontrollen. Es reicht nicht, sich auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte zu konzentrieren und die Trägervereine vom Verfassungsschutz prüfen zu lassen”, meinte sie. Meinl-Reisinger forderte u.a. mehr Geld für Kindergärten, die vor allem von Kids aus bildungsfernen und sozial schwachen Haushalten besucht werden, sowie ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr.

(APA, Red.)

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