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Wirbel um Enthüllung von Geheimdokumenten zu Afghanistankrieg

Die Veröffentlichung von zehntausenden geheimen Dokumenten zum Afghanistan-Krieg im Internet hat am Montag erheblichen Wirbel ausgelöst. Während die US-Regierung die Veröffentlichung durch die Internetseite WikiLeaks scharf kritisierte, kündigte die deutsche Regierung eine Prüfung der Unterlagen an. In den Dokumenten wird unter anderem dem pakistanischen Geheimdienst vorgeworfen, mit den Taliban zusammenzuarbeiten. Großbritannien wiederum versuchte, die Geschichte herunter zu spielen.
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Die brisanten Dokumente wurden dem auf Enthüllungsgeschichten spezialisierten Internetportal WikiLeaks von bisher unbekannter Seite zugespielt. WikiLeaks wiederum gab das Material, knapp 92.000 Dokumente, an das Hamburger Nachrichtenmagazin “Spiegel” sowie die “New York Times” und “The Guardian” weiter. Laut “Spiegel” zeichnen die Einsatzberichte und Dokumente aus dem US-Verteidigungsministerium aus unmittelbarer Sicht der Soldaten ein “ungefiltertes Bild des Krieges” und ein “düsteres Bild” von der Lage in Afghanistan. Zudem zeigten die Dokumente, dass der Krieg im Norden des Landes, wo die Bundeswehr stationiert ist, immer bedrohlicher werde.

Die Dokumente offenbaren demnach auch, dass der pakistanische Geheimdienst der “vermutlich wichtigste außerafghanische Helfer der Taliban” ist. Abgesandte des pakistanischen Geheimdienstes seien dabei, wenn sich Aufständische zum Kriegsrat treffen und sollen auch präzise Mordbefehle erteilen, etwa gegen den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai.

Das Weiße Haus reagierte verärgert auf die Enthüllungen. Diese könnten “das Leben der Amerikaner und ihrer Partner gefährden und unsere nationale Sicherheit bedrohen”, sagte der Nationale Sicherheitsberater James Jones. Der pakistanische Botschafter in den USA, Husain Haqqani, bezeichnete die Veröffentlichung der Geheimdokumente als “unverantwortlich”, da sie nicht die “tatsächlichen Gegebenheiten” widerspiegelten. Die US-Regierung räumte allerdings ein, dass ihr die Verbindungen des pakistanischen Geheimdienstes zu Aufständischen seit geraumer Zeit Sorgen bereiten.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte, es müsse ausgewertet werden, was der Bericht möglicherweise an neuen Erkenntnissen biete. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, es werde untersucht, ob auch deutsche Sicherheitsinteressen beeinträchtigt sein könnten.

Eine Sprecherin des britischen Premierministers David Cameron nannte die Veröffentlichung der geheimen Unterlagen “bedauerlich”. Außenminister William Hague dagegen spielte den Bericht herunter. “Wir verbringen unsere Zeit nicht damit, Enthüllungen anzuschauen, wir setzen die international abgestimmte Strategie fort.”

Der Afghanistan-Coup könnte jedenfalls die Kassen von Wikileaks füllen. Die Internet-Plattform von Julian Assange will nach eigenen Angaben den Mächtigen genauer auf die Finger schauen und Skandale aus dem Verborgenen an die Öffentlichkeit zerren. Vergangenen Herbst sah es für die Finanzen von WikiLeaks nicht gut aus, über ein Spendenkonto kamen lediglich maximal 3.000 Euro monatlich zusammen. Die Veröffentlichung von US-Militärdokumenten über den Afghanistan-Einsatz könnte aber helfen, die Finanzierung für die nächsten Jahre sicherzustellen.

Allerdings tut sich für die Weltverbesserer eine andere Lücke auf: Es fehlt an vertrauenswürdigen Mitstreitern, die Dokumente überprüfen. “Wir erhalten jede Menge hochrangige Enthüllungen der Informanten”, sagte Assange. “Wir haben aber nicht genügend Leute, um diese Informationen verarbeiten zu können.”

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