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Präsident Mubarak ist zurückgetreten

Die Ära Mubarak ist nach 30 Jahren zu Ende, Ägypten steht vor einer historischen Zäsur. Vizepräsident Omar Suleiman gab am Freitag im staatlichen Fernsehen bekannt, Präsident Hosni Mubarak sei zurückgetreten und habe die Führung des Landes in die Hände der Streitkräfte unter dem bisherigen Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi gelegt. Es wurden keine weiteren Angaben gemacht. Mubarak hatte sich kurz zuvor nach Angaben des staatlichen Fernsehens in den Badeort Sharm el-Sheikh am Roten Meer zurückgezogen.
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Unklar blieb die Rolle Suleimans, dem Mubarak am Vortag weitere Amtsvollmachten übertragen hatte. Das Oberkommando der Streitkräfte werde die Regierung entlassen und das Parlament auflösen, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Arabiya. Der Militärrat wolle die Macht dann zusammen mit der Spitze des ägyptischen Verfassungsgerichts ausüben. Eine Erklärung wurde für den Abend erwartet.

US-Präsident Barack Obama ist laut Medienberichten vom Rücktritt des ägyptischen Präsidenten im Voraus informiert worden. Er sei am Morgen (Ortszeit) während einer Sitzung im Oval Office unterrichtet worden, wenige Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe, berichtete der US-Fernsehsender CNN.

Bundeskanzler Werner Faymann hat den Rücktritt Mubaraks begrüßt und an alle gesellschaftlichen und politischen Kräfte in Ägypten appelliert, “auf den Dialog zu setzen und einen gewaltfreien Übergang zur Demokratie zu ermöglichen”. Es sei erfreulich, dass “auf die Bevölkerung gehört wurde und ein Beitrag zur Entschärfung der Situation im Land sowie zur Demokratisierung” geleistet worden sei, erklärte der österreichische Regierungschef laut einer Aussendung des Kanzleramts. Österreich sei bereit, “Ägypten und seine Bevölkerung in dieser historischen Zeit des Neubeginns zu unterstützen – gemeinsam mit den Partnern in der EU”.

Mubarak habe den Weg für einen demokratischen Neubeginn freigemacht, erklärte Außenminister Michael Spindelegger in einer Stellungnahme. Nun gehe es darum, dass die Regierung in Kairo rasch “mit allen gesellschaftlichen Kräften einen echten Dialog aufnimmt, um demokratische Reformen und freie Wahlen vorzubereiten”. Spindelegger appellierte an Regierung und Opposition, “mit Vernunft und Augenmaß die Verhandlungen über die Neugestaltung des politischen Systems zu führen”.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat den Rücktritt von Mubaraks ebenfalls begrüßt. Der Präsident habe “die Stimme des ägyptischen Volkes” erhört, erklärte Ashton in Brüssel. Mit diesem Schritt öffne Mubarak “den Weg für schnellere und tiefgreifendere Reformen” in dem bevölkerungsreichsten arabischen Land. Der Dialog über einen politischen Übergang müsse nun beschleunigt werden und zu einer Regierung auf breiter Basis führen, die den Hoffnungen der Bevölkerung Respekt schenken und Stabilität bringen müsse, forderte Ashton. Die Europäische Union sei bereit, dabei zu helfen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem “historischen Wandel”. “Heute ist ein Tag großer Freude”, sagte Merkel am Abend in Berlin. Sie wünsche den Ägyptern eine Gesellschaft ohne Zensur, Folter, Korruption und Verhaftung.

Mit lautem Jubel und Siegesgesängen feierte die ägyptische Opposition den erzwungenen Rücktritt Mubaraks. Auf dem Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo tanzten und hüpften Hunderttausende Regimegegner unter ägyptischen Fahnen, wie Augenzeugen berichteten. “Das Volk hat das Regime gestürzt!”, skandierten Demonstranten. Oppositionspolitiker und Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei sagte laut BBC: “Das ist der schönste Tag meines Lebens.” Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, zeigte sich von einer positiven Zukunft des Landes überzeugt. “Ich bin optimistisch, dass wir den richtigen Weg für Ägypten und das ägyptische Volk einschlagen werden”, sagte der frühere Außenminister. Der Abgang Mubaraks bedeute, “dass wir erreicht haben, was das Volk gefordert hat”.

Der zwischenzeitlich inhaftierte Internet-Aktivist und Google-Manager Wael Ghonim schrieb auf seiner Seite beim Internet-Kurzbotschaftendienst Twitter: “Glückwunsch Ägypten! Der Verbrecher hat den Palast verlassen.”

In Tunesien, wo durch heftige Proteste Mitte Jänner Präsident Zine el-Abidine Ben Ali gestürzt worden war, kam es zu spontanen Freudentänzen auf den Straßen im Zentrum der Hauptstadt Tunis. Als Reaktion auf die Nachricht vom Rücktritt Mubaraks erklangen Hupkonzerte. “Großartig! Innerhalb eines Monats sind zwei Diktatoren gestürzt”, sagte eine Studentin.

Die ägyptische Armeeführung gab am Freitag eine Erklärung ab, die dem Volk politische Reformen garantiert. Das Oberkommando kündigte an, den Weg zu freien und fairen Wahlen zu sichern. Der seit Jahrzehnten geltende Ausnahmezustand solle aufgehoben werde, sobald es die Situation erlaube. Kein friedlicher Demonstrant müsse Strafverfolgung fürchten. Augenzeugen in Kairo berichteten, ein Hubschrauber sei am späten Mittag vom Präsidentenpalast im Kairoer Stadtteil Heliopolis aus abgeflogen. Mehrfach war in den vergangenen Tagen die Möglichkeit ins Spiel gebracht worden, dass sich Mubarak nach Sharm el-Sheikh zurückziehen könnte.

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